Investoren weltweit warten auf einen möglichen "Game Changer"-Erlass von Donald Trump, um Amerika wieder "groß" zu machen. In den nächsten Wochen wird die zentrale Unternehmenssteuerreform Thema im Kongress sein. Zu diesem für Investoren wichtigen Thema und wie sich dies auf den US-Dollar auswirken könnte, äußert sich Candriams Chefökonom, Anton Brender, in einem aktuellen Kommentar.

Von einer Steuerreform in den USA könnten der Dollar und der in Dollar abgewickelte internationale Handel betroffen sein. Der Reformvorschlag der Republikaner deckt sich in vielen Punkten mit Trumps Plänen. Beide ziehen erhebliche Steuersenkungen und die vollständige Steuerfreiheit von Investmenterträgen anstelle der heute üblichen Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen in Betracht. Eine andere Idee, die sogenannte Border Adjustment Tax (BAT, "Grenzausgleichsabgabe“), dürfte laut Brender indes erhebliche Differenzen zwischen dem Präsidenten und dem Kongress auslösen – und zweifellos auch zwischen den USA und dem Rest der Welt.

Die Republikaner planen, grenzüberschreitende Zahlungen bei der Veranlagung des steuerpflichtigen Unternehmensgewinns unberücksichtigt zu lassen. Exporterlöse würden daher ebenso wenig in die Steuerberechnung einfließen wie die Ausgaben für Importe. Auf den ersten Blick erscheint diese Maßnahme laut Brender klar protektionistisch.Der steuerpflichtige Gewinn von Exporteuren würde sich verringern, während jener von Importeuren steigt. Dies würde Unternehmen einen Anreiz bieten, ihre Produktion zurück in die USA zu verlagern. Im Grunde genommen müsste der neue Präsident dies reizvoll finden, auch wenn ihm das zurzeit noch nicht klar ist.

Gedankenspiel mit falschen Annahmen
Einfuhrzölle scheinen bislang die einfachere und populistischere Lösung. Problematisch ist aber, dass sich die Republikanische Partei traditionell für Freihandel einsetzt. Alle Republikaner, die die BAT wollen, sehen sie nicht als handelspolitisches, sondern als rein steuerpolitisches Instrument.

Die Überlegungen, die zu dieser beruhigenden Schlussfolgerung führen, verdienen nach Ansicht Brenders eine nähere Betrachtung. Angenommen, es gäbe die BAT. Was würde geschehen? Die Befürworter präsentieren simple Antworten: US-Unternehmen, die auf ihre Importe, nicht aber auf ihre Exporte Steuern zahlen müssen, wären gezwungen, weniger zu importieren und mehr zu exportieren. Das US-Leistungsbilanzdefizit würde zurückgehen und der Dollar so lange aufwerten, bis kein Anreiz mehr bestünde, mehr Waren zu exportieren und weniger zu importieren. "Der Dollar würde also so lange steigen, bis der Nachsteuergewinn von US-Unternehmen wieder genauso hoch wäre wie jetzt", erklärt Brender. Damit bestätigen die Unterstützer der Idee stillschweigend, dass die BAT, bei einer Senkung der Unternehmenssteuer auf 20 Prozent, durch eine US-Dollar-Aufwertung von 25 Prozent wirtschaftlich neutralisiert würde.

Globalisierung hat Spielregeln geändert
Diese kalkulierte Dollaraufwertung basiert nach Einschätzung Brenders jedoch auf Wechselwirkungsmechanismen einer längst vergangenen Ära. Schließlich hat die Globalisierung der Finanzmärkte dafür gesorgt, dass ganz andere Kräfte als früher die Wechselkurse bestimmen. Im Falle des US-Dollars fällt insbesondere auf, dass die US-Handelsbilanz kaum noch eine beeinflussende Wirkung entfaltet. Das Gewicht der Finanzmärkte – Zinsdifferenzen und Anlegererwartungen – ist dagegen gestiegen. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass sie gegenwärtig einen so starken Dollaranstieg auslösen können. "Nebenbei bemerkt, würde dies auch durch präsidiale Twitternachrichten im Keim erstickt werden", so Brender

Sein Fazit ist klar und beunruhigend: "Die Reform der Unternehmenssteuern in den USA wird mit großer Wahrscheinlichkeit Konsequenzen für den internationalen Handel haben. Es bleibt abzuwarten, wie die Welt darauf reagiert. Eines steht jedenfalls fest: Mit dem neuen Präsidenten lässt sich schwer verhandeln." (aa)