Warren Buffett ist, trotz seines stolzen Alters, stets für Überraschungen gut. Vor kurzem stockte der US-Beteiligungsprofi sein Aktienpaket an dem Rohölkonzern Phillips 66 auf – vielen besser bekannt unter dem früheren Namen Conoco Philips. Angesichts des rapiden Ölpreisverfalls, der gerade den US-Energiemultis die Luft abschnürt, stellen sich Beobachter die Frage: Was soll das?

Irritiert ist etwa Hendrik Leber, Gründer des Fondsanbieters Acatis und wie Buffett ein Value-Investor reinsten Wassers. Trotz seiner Bewunderung für Buffetts Lebenswerk und dessen erstaunliches Investmentgeschick: Mit dem jüngsten Coup geht Buffett ein erstaunlich großes Wagnis ein und weicht laut Leber von jenen Prinzipien ab, die über Jahrzehnte Garant für Buffetts Erfolg waren. "Die Investition von Buffett ist eine direktionale Wette auf die Erholung des Ölsektors und untypisch für ihn, der ja normalerweise gute, stabile Geschäftsmodelle kauft und sich wenig mit Preisrichtungsspekulationen beschäftigt", sagte Leber im Gespräch mit Citywire Deutschland. Insgesamt sei der Energieanteil an Buffetts Portfolio jedoch eher klein: "Phillips 66 ist die größte Energieposition, gefolgt vom Erdöl-Produzenten Suncor Energy, die er ebenfalls derzeit aufstockt", erläutert Leber.

Bislang bewies Buffett im Energierohstoffsektor kein glückliches Händchen. "Bei früheren Öl-Investments hatte Buffett wenig Grund zur Freude. Doch bei Philips 66 liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis aktuell bei zehn und ist damit günstiger als bei den großen Ölfirmen", erklärt Leber im Gespräch mit Citywire.

"Vermutlich ist Buffett noch zu früh dran"
Auf der letzten Hauptversammlung seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway, die Leber regelmäßig besucht, habe Buffett seine Käufe in der Ölbranche mit dem Hinweis gerechtfertigt, zumindest eine geldmarktähnliche Rendite erzielt zu haben. "Als Parkposition seien die Öl-Investments geeignet", erinnert sich Leber, der unter anderem den Acatis Aktien Global-Fonds verwaltet.

Auf die Frage, ob Privatanleger es Buffett gleichtun und ebenfalls einen Einstieg in Energierohstoffaktien erwägen sollten, gibt Leber eine unmissverständliche Antwort: "Privatinvestoren können sich noch Zeit lassen. Die Ölpreise werden sich erst in einigen Jahren erholen. Im Moment ist keine Bodenfindung zu erkennen – weder in den Charts noch in der Realökonomie. Ich vermute, dass Buffett zu früh dran ist." (ps)