Nach fünf Jahren Aufschwung an den Aktienmärkten der USA und Europa ist es an der Zeit, der wichtigsten aller Fragen auf den Grund zu gehen: Wie lange kann die Rally fortdauern? Und gibt es eine neue Börsenblase? Die Investmentexperten des Fondsanbieters Banque de Luxembourg (BLI) geben darauf eine klare Antwort: Eine Spekulationsblase ist weit und breit nicht in Sicht – allerdings ebenso wenig wie überdurchschnittliche Renditen.

In den vergangenen Jahren stiegen die Börsenkurse, obwohl die Weltwirtschaft nominal nur schwach wuchs. Das schwache Nominalwachstum belastete die Umsätze der Unternehmen; diese konnten insgesamt nur wenig steigen. "Dank der Kostensenkungsmaßnahmen der Unternehmen konnten ihre Gewinne aber stärker zulegen als ihre Umsätze. Aktienrückkäufe ließen die Gewinne je Aktie noch einmal stärker steigen als den Gewinn", heißt es bei BLI.

Dennoch sind Aktien deutlich teurer geworden – nicht nur aus Kurs-Umsatz-, sondern auch aus Kurs-Gewinn-Sicht. "Wenn die Aktienkurse stärker steigen als die Gewinne der entsprechenden Unternehmen, könnte man folgern, dass sich an den Aktienmärkten eine Spekulationsblase bildet. Dies trifft jedoch nicht zu", stellen die BLI-Beobachter klar.

Von allgemeiner Börsenbegeisterung weit entfernt
Eine Blase zeichne sich dadurch aus, dass sich die Kurse völlig von den Fundamentaldaten abkoppeln. Zwar sei das Bewertungsniveau relativ hoch, doch dies lasse sich damit rechtfertigen, dass die Zinsen heute deutlich niedriger sind als früher, argumentiert man bei BLI. Hinzu komme, dass eine Spekulationsblase in der Regel von einer euphorischen Marktstimmung begleitet ist. "Diese fehlt heute ebenfalls: Die meisten Anleger sind Aktien gegenüber relativ skeptisch", stellen die BLI-Profis fest.

Kehrseite der Medaille sei, dass sich Neu-Aktionäre mit niedrigeren Investmenterträgen begnügen müssen. "Wenn man zu einem Preis kauft, der über dem historischen Mittel liegt, ist es unrealistisch zu erwarten, dass die Rendite dann durchschnittlich oder sogar überdurchschnittlich hoch ausfällt", schreiben die BLI-Strategen.

Gewinn liegt im Einkauf
Anlass zu dieser Prognose gibt die historisch hohe Korrelation zwischen bestimmten Bewertungskennzahlen – beispielsweise dem um zyklische Variationen bereinigten Kurs/ Gewinn-Verhältnis wie beim sogenannten Shiller-KGV, das den Kurs durch den mittleren Gewinn der vergangenen zehn Jahre teilt – und der darauf folgenden Rendite. Je stärker die Kurse – ohne begleitende Entwicklung der Unternehmensgewinne – anziehen, desto höher wird das Bewertungsniveau, und desto mehr reduziert sich die zu erwartende Rendite an den Aktienmärkten in den kommenden Jahren. 

"Auf Basis dieser Kennzahlen sind für die kommenden Jahre keine hohen Renditen zu erwarten", schlussfolgern die BLI-Auguren. Einschränkend sei zu ergänzen, dass diese Kennzahlen zwar nützlich sind, um die langfristige Rendite der Aktienmärkte vorauszusagen. "Für kurzfristige Voraussagen sind sie jedoch nicht geeignet".

Zusammenfassend sei festzustellen, dass die Märkte sich in einer Art Starre befänden, die mit dem lähmenden Effekt der historisch niedrigen Zinsen zusammenhängen. "Für einen Anleger mit ausreichend langem Horizont sind Aktien jedoch nach wie vor zu bevorzugen. Die reale, also inflationsbereinigte Rendite von festverzinslichen Anlagen ist in vielen Fällen negativ", geben die BLI-Strategen zögernden Anlegern mit auf den Weg. Anleihen vermittelten hier ein falsches Sicherheitsgefühl – anders als Aktien und ihre naturgemäß stärker schwankenden Kurse. (ps)