"Irgendwann in der zweiten Dezemberwoche" wird die Future-Börse CME ihren Bitcoin Future listen. Diese Ankündigung, die CME-Chef Terry Duffy auf CNBC kürzlich machte, beschleunigte die rasante Bergfahrt des Bitcoinkurses noch einmal. Ein Listing an der weltgrößten Future-Börse CME gilt als Durchbruch für die Kryptowährung. Sie würde damit zu den ernst zu nehmende Anlageklassen aufrücken.

Mit dem CME-Future kann man nicht nur auf steigende, sondern erstmals in größerem Stil auf fallende Bitcoin-Kurse setzen. Ein Bitcoinkontrakt umfasst den Wert von fünf Bitcoins (also derzeit rund 50.000 Dollar). Anders als häufig berichtet ist nach aktueller Darstellung vonseiten der CME keine Lieferung von Bitcoins vorgesehen. Der CME-Future wird per Cash-Settlement abgewickelt, es wird also am Ende der entsprechende Bitcoinwert überwiesen.

CME-Future als Auftakt
Der CME-Future ist dabei nur der Anfang. Denn ist das Produkt einmal draußen, dürften sich bald die nächsten Anbieter mit neuen Finanzprodukten daraufsetzen – zum Beispiel in Form von börsengehandelten Indexfonds, die auf Future-Preisen basieren. Der New Yorker ETF-Anbieter Van Eck etwa hatte kürzlich einen Antrag für einen Bitcoin-Futures-ETF bei der US-Börsenaufsicht SEC gestellt, war aber mangels vorhandener Futures abgeblitzt.

In Europa hat die Schweizer Bank Vontobel unlängst bereits zwei Short-Mini-Futures aufgelegt, mit denen man auf fallende Kurse wetten kann. Mini-Futures haben eine kleinere Stückelung als klassische Futures, und liegen in diesem Fall bei plus/minus 100 Euro.

Kritik steigt mit zunehmender Derivatedichte
Zahlreiche andere Produkte auf Kryptowährungsbasis sind in den vergangenen Monaten dazugekommen. Vontobel hatte davor bereits 2016 mit Long-Zertifikaten einen Verkaufserfolg (nach Eigenangaben) gelandet. Die kleine Pariser Boutique Tobam brachte vor wenigen Tagen einen Bitcoin-Fonds für Institutionelle und qualifizierte Anleger heraus. Der größte Schweizer Online-Broker Swissquote lancierte ein aktiv verwaltetes Zertifikat, das mittels Algorithmus prognostiziert, in welche Richtung der Bitcoinkurs geht. Je nach Entwicklung werden zwischen 60 und 100 Prozent der Anlagesumme in die Kryptowährung oder in Dollar verschoben.

Die Kritik an solchen Instrumenten bleibt nicht aus: Komplexe Instrumente wie diese verkomplizieren die Bitcoin-Thematik zusätzlich, monieren Beobachter. Bei den ohnehin schwer durchschaubaren Mechanismen hinter Kryptowährungen können wohl die meisten Anleger den Grundsatz "Investiere nur in Assets, die du verstehst" schon beim Direktinvestment nicht mehr einhalten.

Die Trendfolge etwa, die das besagte Swissquote-Zertifikat einsetzt, verwenden zwar auch herkömmliche Investmentfonds. Damit die Trendfolge aber funktioniert, brauche es zwei Eigenschaften, die der Bitcoin-Markt nicht aufweise, wie Adriano Lucatelli, Dozent an der Universität Zürich und Gründer des Robo-Advisors Descartes Finance unlängst zur NZZ sagte: Der Markt sei nicht liquide und tief genug und zudem sei der Kurs anfällig für externe Einflussfaktoren. Das Bitcoin-Marktvolumen ist im Verhältnis zu regulären Währungen relativ klein. Zudem habe der Kurs heftig auf externe Faktoren reagiert, die ein Rechenmodell nicht vorhersehen kann, etwa das Verbot für Krypto-Coin-Emissionen in China, einen Hackerangriff auf Ethereum oder die Absage einer weiteren Bitcoin-Aufspaltung (Hard Fork), schreibt die NZZ.

"Das ist, wie eine Mail ausdrucken und Faxen"
Auch die klassischen anderen Long-Zertifikate, mit denen man eins zu eins in die Kursentwicklung investiert, stehen in der Kritik. Warum nicht gleich in Bitcoin investieren? "Ein Papier, also ein Bitcoin-Zertifikat oder einen ETF, statt eines Bitcoins zu kaufen, ist, wie wenn man eine E-Mail ausdruckt und sie per Fax versendet", zitiert die NZZ den Bitcoin-Experten Christian Mäder von Bitcoin News. Ein privater Anleger habe durch solche Produkte keinen Zugang zum Private Key seiner Bitcoins. Das Revolutionäre an Kryptowährungen sei da auf jeden Fall weg.

"Für viele institutionelle Anleger oder Unternehmen, die aufgrund von Compliance-Vorgaben nicht oder nur schwer direkt in Kryptowährungen investieren können, sind solche Produkte eine Alternative", wendet Johannes Grill, Präsident von Bitcoin Austria, gegenüber FONDS professionell ONLINE ein. Ein Zertifikat könne man schließlich ganz regulär über die Börse handeln, man muss nicht über eine Bitcoinhandelsplattform gehen.

Für private Anleger, die im Handling der Sicherungsaspekte ihrer Bitcoin-Bestände versiert sind, ist hingegen der Sinn eines Long-Zertifikates oft fraglich. Der Vorteil, wie ihn die Derivate-Anbieter sehen: Das Risiko, den privaten Schlüssel für Bitcoins zu verlieren oder die Gefahr eines Diebstahls, wenn die eigene digitale Geldbörse gehackt wird – das alles wird über Fonds oder Zertifikate in der Regel umschifft.

Grünes Licht für CME fehlt noch
Ob direkt oder indirekt investiert: Bei vorsichtigen Anlegern schrillen angesichts einer Wertentwicklung von 1.000 Prozent – gerechnet vom Jahresanfang – die Alarmglocken laut. Doch gerade wegen der zahlreichen Produkte, die sich rund um Bitcoin gruppieren, erwarten viele Beobachter, dass die soeben durchbrochene denkwürdige Marke von 10.000 Dollar nur eine Zwischenstation ist. Die CME dürfte nach Spekulationen am 11. Dezember mit dem Future starten; vorausgesetzt, die Regulatoren stimmen zu. Wenn die Börsenaufsicht ihre Erlaubnis nicht gibt, dann könnte es mit dem Kurs schnell wieder bergab gehen. Wer Short-Positionen hat, kommt dann auf seine Rechnung.

Kommt der positive Bescheid, stehen die Zeiger nach oben: Analyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus Axi Trader, der heute in mehreren Medien zitiert wird, meint, es könnte auch bis auf die 50.000 US-Dollar hinaufgehen, bevor es zu einer ernsthaften Korrektur kommt.

Zu den Anbietern, die ein Kryptowährungsprodukt in der Pipeline haben, zählen die Schweizer Crypto Fund, die liechtensteiner Incrementum sowie der weltgrößte börsennotierte Hedgefonds Man Group. Die US-amerikanische CME-Rivalin CBOE hat bei der US-Finanzaufsicht einen Bitcoin-Terminkontrakt beantragt. Und die US-Banken Goldman Sachs und Morgan Stanley zeigen sich zumindest offen für das Thema. (eml)