Zu Beginn dieses Jahres hatten die Inflationserwartungen einen regelrechten Höhenflug gestartet. Inzwischen hat sich die Lage indes deutlich beruhigt. Einige leichte Enttäuschungen bei den US-Wirtschaftsdaten haben genügt, um die Wachstumseuphorie (und die Preiswachstumspanik) wieder deutlich zu dämpfen, urteilt Daniel Hartmann, Chefvolkswirt von Bantleon. Auch das Narrativ der Notenbanken, dass der jüngste Inflationsschub nur vorübergehender Natur sei, habe dabei eine Rolle gespielt – ebenso wie neue Pandemie-Ängste, geschürt durch die um sich greifende und gefährliche Delta-Variante des Coronavirus.

Ob der "Reflation Trade" schon wieder vorbei ist, hängt nun einmal mehr von den Infektionszahlen ab, sagt Hartmann. Denn diese entscheiden darüber, wie sich die Konjunktur bis zum Jahresende entwickelt. Anders als im vergangenen Herbst dürfte in diesem September und Oktober aber der Großteil der europäischen und US-amerikanischen Bevölkerung geimpft sein. Das spricht dafür, dass es im laufenden Jahr keine umfangreichen Lockdowns geben wird, sagt Hartmann. "Entsprechend halten wir daran fest, dass das Wachstum im zweiten Halbjahr hoch bleibt und sich Nachholeffekte entladen", erklärt er.

Bidens Fiskalpaket verpufft nicht
Nach der Sommerpause könnten die Inflationszahlen überraschend kräftig steigen, prophezeit der Bantleon-Ökonom. "Den Unternehmen bieten sich in den nächsten Monaten optimale Bedingungen, um den Kostendruck an die Verbraucher zu überwälzen", sagt er. "Die These von den temporären Preiseffekten dürfte zunehmend ausgehöhlt werden." Hartmann zufolge überwiegen die Faktoren, die für eine Rückkehr der Inflationsdebatte sprechen. Der Ökonom erinnert überdies an die beispiellosen Fiskalpakete der US-Regierung und die massive Bilanzausweitung der Fed in den vergangenen eineinhalb Jahren. "Dieser historisch einmalige Impuls der Wirtschaftspolitik dürfte kaum einfach so verpuffen", sagt er. (fp)