Die zuletzt unter öffentlichen Druck geratenen österreichischen Banken kündigen nach einem Gespräch mit Finanzminister Magnus Brunner mehrere Maßnahmen an, von denen Kreditnehmer und Sparer profitieren sollen. Künftig werden die Kreditinstitute ihre Zinsen auf Einlagen für sechs, zwölf und 24 Monate an ein von der Österreichischen Nationalbank (OeNB) organisiertes Portal einmelden, um den Bürgern einen besseren Vergleich zu ermöglichen. Das erklärte Willibald Cernko, Obmann der Sparte Bank und Versicherung, in einer Pressekonferenz mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Aus dem Finanzministerium hieß es auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE: "Die Plattform kann voraussichtlich im Herbst abgerufen werden."

Der Schritt folgt der immer lauter werdenden Frage, ob es ausreichend Wettbewerb am Markt gibt: Die EZB-Zinserhöhungen bringen den Banken Rekordgewinne, werden von diesen aber nur schleppend an die Sparer weitergegeben – auf Einlagen in Österreich ist die Verzinsung weiterhin tief. Vergangene Woche gipfelte die Kontroverse in einer vom Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) initiierten Verbandsklage gegen die Banken im Bereich der Girokonten. Dass Sollzinsen auf über 13 Prozent steigen, der Habenzins aber oft an der Nullgrenze liege, gehe nicht, so Rauch. Selbst der Finanzminister betonte, dass die "Zinsschere" ein Problem ist, Klagen seien aber zu langsam. Er rief die Banken an den Tisch.

Bundesschätze werden doch wiederbelebt
Einen größeren Wettbewerb um die Sparguthaben soll es laut Brunner künftig auch durch die – überraschende – Wiedereinführung des Direktkaufs von Bundesschätzen geben. Bis 2020 konnte man über das Portal "Bundesschatz.at" Anleihen unmittelbar von der Republik kaufen, ohne Kosten für Kontoführung, Transaktionen oder Vermittlung. Im Nullzinsumfeld war der Betrieb dieser (bis dahin kostengünstigsten) Veranlagung im festverzinslichen Bereich eingestellt worden. 

Das Finanzministerium schloss noch Mitte April gegenüber der Redaktion die Möglichkeit, "Bundesschatz.at" wiederzubeleben, fast kategorisch aus. Damals betonte ein Sprecher, dass es unter anderem aufgrund des hohen Aufwandes mit Privatanlegern selbst bei einem deutlich höheren Zinssatz keine Neuaufnahme geben dürfte. Wann Anleger nun wieder einsteigen können, konnte eine Sprecherin des Ministeriums vorerst nicht sagen. "Die genaue Ausgestaltung des Bundesschatzes wird derzeit im Auftrag des Finanzministers erarbeitet", heißt es gegenüber der Redaktion.

Für die Banken ist die Direktveranlagung bei der Republik eine gewisse Konkurrenz, weil kein Depot und keine Vermittlung nötig sind. Man wolle den Bürgern eine gute Alternative für das Sparbuch bieten, so Brunner bei der Pressekonferenz. Er verwies auf die jüngste Emission am Dienstag, bei der Österreich einen dreimonatigen grünen Schatzwechsel begab, der mit 3,66 Prozent (annualisiert) verzinst ist – ein Jahresrendite, die höher liegt als die Zinsen vieler Sparbücher in Österreich mit Zwölf-Monats-Bindung. Bankenobmann Cernko betonte, seine Branche sei bereit "für deutlich mehr Transparenz und Wettbewerb".

Verzicht auf Mahnspesen und Verzugszinsen bei variablen Krediten
Er kündigte außerdem Erleichterungen für Kreditnehmer mit Zahlungsproblemen bei variabel verzinsten Verträgen an. Die Banken werden vorerst für zwölf Monate auf Mahn- und Verzugsspesen verzichten, sollten Personen bei der privaten Wohnraumfinanzierung (Eigennutzung) in Schwierigkeiten geraten. Wie hoch die Mahnspesen und Verzugszinsen sind, auf die die Banken verzichten, könne man nicht sagen, so Cernko. Vorerst seien die Ausfälle nicht gestiegen. Es handelt sich demnach um eine vorausschauende Maßnahme; man könne so Druck herausnehmen, wenn sich die Situation ändere.

Aufgrund der steigenden Marktzinsen wird für viele Kreditnehmer die monatliche Rate zu einer immer höheren Belastung. Und auch hier gab es zuletzt viel Tadel für die Banken. In Österreich hängt rund der Hälfte der Kreditnehmer in variablen Verträgen – in Deutschland hingegen ist die Wohnfinanzierung vorwiegend fix verzinst. Die Ombudsstelle für Zahlungsprobleme betonte unlängst, man müsse untersuchen, ob es zu Fehlvermittlungen kam; Bankberater hätten wissen müssen, dass die Zinsen auf ein historisch übliches Niveau steigen können (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Kritik an spekulativer Mentalität
Cernko nahm hier jedoch auch die Kreditnehmer in die Pflicht. Im Beratungsgespräch würden Alternativen aufgezeigt, letztlich müssten die mündigen Bürger entscheiden, ob sie die Risiken steigender Zinsen tragen wollen. Immerhin habe sich die Hälfte der Kreditnehmer für einen Fixzinskredit entschieden und damit einen finanziellen Mehraufwand gegenüber den variablen Verträgen auf sich genommen. Staatliche Eingriffe wie Zinsdeckel, die Bürgern mit variablen Krediten zugutekommen, betrachtet Cernko als nicht gerechtfertigt. "Man kann nicht jenen, die bewusst den spekulativen Ansatz gewählt haben, entgegenkommen. Das wäre ein absolut schädlicher Eingriff in den Markt", so der Bankenobmann. Man sei jedoch bemüht, auf jeden Kreditnehmer mit individuellen Lösungen zuzugehen.

Interessant dürfte für Wohnraumsuchende ein weiterer Plan der Banken werden: Man arbeite an der Idee, einmalig einen Topf zu dotieren, aus dem insbesondere Jungfamilien einen Zinszuschuss erhalten sollen, so Cernko. Denkbar sei, dass der Topf mit einem hohen zwei- oder sogar dreistelligen Millionenbetrag befüllt wird. Dies dürfte besonders solchen Kreditnehmern zugutekommen, die aufgrund der in der KIM-VO verschärften Kreditvergaberegeln Finanzierungsprobleme haben. Ab Herbst wolle man konkretere Konzepte präsentieren.

Fix ist hingegen bereits ein Beitrag zur Bargeldversorgung am Land. Man werde Gemeinden, die selbst einen Bankomaten betreiben, diesen zu Selbstkosten zur Verfügung stellen. Es geht österreichweit um eine Zahl zwischen 70 und 100 Bankomaten. (eml)