Wird Japan der Überraschungsmarkt 2013? Wie steht es um die globale konjunkturelle Entwicklung und welche Anlageklassen bieten in einem anhaltend offensiv ausgerichteten geldpolitischen Umfeld das beste Wertsteigerungspotenzial? Mit diesen und mehr Fragen beschäftigt sich Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, in seinem aktuellen Kapitalmarkt-Monitor. Lesen Sie nachfolgend seine zehn Thesen für das Kapitalmarktjahr 2013:

 
These 1: Geldpolitik – wenn alle Brünnlein fließen 
Insgesamt bereitet das internationale Kartell der Notenbanken ein noch günstigeres Liquiditätsumfeld für staatliche Neuverschuldung, das auch 2013 in Japan, in der Euro-Südzone und den USA zur Bekämpfung rezessiver Tendenzen dringend geboten ist. Die Geschäftsbanken verwenden die ihnen von der Geldpolitik zu Zinssätzen zwischen null und 0,75 Prozent bereit gestellte Liquidität zumindest für den Kauf von Staatspapieren, die ihnen immerhin eine positive Netto-Rendite erbringt. Über diese Fristentransformation werden die Renditen gedrückt und die Zinslast der neuen Schulden bleibt tragbar.
 
These 2:  Weltkonjunktur mit Aufwärtssignalen
Die Weltkonjunktur wird sich 2013 erholen. So präsentieren sich die Schwellenländer mit einem Durchschnittswachstum von real fünf Prozent robust. Zudem wird die neue Regierung in Peking ihr Wachstumsziel von 7,5 Prozent weiter erfolgreich verfolgen.
 
These 3: Deutsche Wirtschaft bleibt Insel der Glückseligkeit
Deutschland ist aufgrund seiner Exportstärke ein Profiteur der Weltwirtschaft. Wichtige Aktivposten bleiben die USA und die Schwellenländer, die Restriktionen aus der Euro-Südzone außereuropäisch gut abfedern können. Eine Rezession wird es auch angesichts einer EZB nicht geben, die zur Stabilisierung der Eurozone eine für deutsche Konjunkturverhältnisse viel zu offensive Geldpolitik betreibt.
 
These 4: Die neue euroländische Harmonie
Ein ernstes Wiederaufflammen der Euro-Krise wird im Kleinen über Euro-Hilfszahlungen und im Großen durch die EZB verhindert. Präsident Mario Draghi wird der Aussage über die Unumkehrbarkeit des Euros im Bedarfsfalle sehr konsequente Taten folgen lassen. In punkto Krisenbewältigung dürfte Deutschland nach der Bundestagswahl zu einem noch größeren politischen Stabilitätsfaktor in der Eurozone werden. Denn eine dann wahrscheinlich große Koalition kann sich konsequenter und mit weniger scharfem, oppositionellem Störfeuer um die Lösung der großen Probleme wie den Schuldenschnitt für Griechenland ab 2014 kümmern.
 
These 5: Währungen – wer ist die billigste im ganzen Land
Im nächsten Jahr wird insbesondere Japan mit einer dramatischen Liquiditätsausweitung seiner Notenbank versuchen, die langjährige, Exportwirtschaft beeinträchtigende Yen-Stärke umzukehren. Die zusätzlichen Finanzmittel sollen dabei ausländischen Investitionen zugute kommen, um die Abwertung einzuleiten. Bei einsetzendem Erfolg hofft man auf die Renaissance als sogenannte Carry-Trade-Währung – die internationale Anlegerschaft verschuldet sich in Yen und legt diese Finanzmittel weltweit an –, was den Abwertungsprozess des Yens dramatisch beschleunigen wird.
 
In diesem bösen Spiel könnte der Euro der "Verlierer" im Sinne einer exportschädlichen Aufwertung sein. Dies gilt umso mehr, als die Notenbankzinsen der EZB mit 0,75 Prozent deutlich höher sind als die der US-Amerikaner und Japaner mit quasi null Prozent. Daher wird vermutlich auch die EZB eine "währungsorientierte" Geld- bzw. Konjunkturpolitik betreiben und neben ihrer bereits großzügigen Liquiditätspolitik auch ihre Notenbankzinsen senken. Insgesamt wird sich der Euro 2013 gegenüber den "Welt-Währungen" chinesischer Renminbi, japanischer Yen und US-Dollar behauptet zeigen. Lediglich die norwegische und schwedische Krone bzw. der australische Dollar dürften dem Euro aufgrund ihres Charakters von Substanz- bzw. Rohstoffwährungen Paroli bieten. Der Euro dürfte das Jahr 2013 mit 1,28 US-Dollar beenden.
 
These 6: Inflation – Entreicherung 2.0
Die auch weiter üppig ausfallenden, geldpolitischen Maßnahmen begünstigen weiter Inflationierung. Die Preisbeschleunigung nehmen die Notenbanken im Zuge der Stabilisierung des Finanzsystems weiter in Kauf. Bei zusätzlich geschönten Inflationsraten und einer Rendite für deutsche Staatsanleihen, die schon nicht die offizielle Inflation ausgleicht, kann sich der Staat real entschulden. In den USA und Deutschland sind bei fast allen Laufzeiten nur noch negative Realzinsen zu verdienen. Die Entreicherung der Anleger in Staatsanleihen zum Wohle des Staates geht 2013 in die nächste Runde.
 
These 7: Anleihen – von Hoch- zu Tiefprozentern
Neben den Staatsanleihen werfen mittlerweile auch die Unternehmensanleihen mit guter Bonität kaum noch vernünftige Renditen ab. Investoren, die auf Rendite achten, müssen damit immer mehr auf Hochzinsanleihen (High Yield) ausweichen, die allerdings in punkto Bonität nicht mehr erstklassig sind. Abzuschrecken scheint dies jedoch nicht. Im Gegenteil, die erkennbare Beibehaltung der positiven Rahmendaten wird den Prozess sinkender Risikoaufschläge von höher rentierlichen europäischen Unternehmensanleihen zur Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen weiter verstetigen.
 
Da die EZB die Rettung der Eurozone zur Chefsache gemacht hat, sind süd-europäische Staatsanleihen für den internationalen Anleger eine Überlegung wert. Dabei wäre es aber wünschenswert, dass Silvio Berlusconi weiter seinen Ruhestand genießt.
 
These 8: Aktien sind alternativlos
Die massive Liquiditätsausstattung der Märkte – gemessen an der Bilanzsumme der Notenbanken in den USA, Japan und Euroland wird sie 2013 neue Allzeithochs erreichen – ist zunächst ein historisch belegtes Pro-Argument für Aktien.
 
These 9: Rohstoffe – der Glanz verblasst nicht
Auch Rohstoffe profitieren von der expansiven Liquiditätsausstattung der Notenbanken, dem daraus resultierenden Anlagebedarf sowie der globalen Konjunkturstabilisierung. So dürfte sich die zum Jahresende bereits gesteigerte Nachfrage nach Industrierohstoffen 2013 fortsetzen und zu einer Verstetigung der eingesetzten Preiserholung führen. Zudem bleiben die Rahmenbedingungen für Edelmetalle auch 2013 stabil. Als Anlageform kommen auch Minenwerte in Betracht.
 
These 10: Keine Angst vor dem Börsenjahr 2013
Die Risiken für 2013 sollen nicht klein geredet werden. Auch das neue Jahr wird grundsätzlich politische Gefahren bieten. Und auch die Euro-Krise ist sicherlich nicht vorbei. Dem steht jedoch die liquiditätspolitische Allmacht des internationalen Notenbankkartells gegenüber, die Konjunktur, politische Landschaften, Staatsanleihenmärkte, Stimmung und Aktien gleichermaßen stützen werden. Vor diesem Hintergrund ist für den DAX ein Jahresendstand 2013 von 8500 Punkten, bei jedoch wieder zunehmender Schwankungsanfälligkeit, möglich. (dw)