Nach Meinung von Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank, werden wir uns eben daran gewöhnen müssen, dass sich die Minizinsen als Dauergast in unseren Portfolios eingenistet haben. Lesen Sie im Folgenden seinen Original-Kommentar:

"Die Minizinsphase in der Euro-Zone wird noch geraume Zeit anhalten. Darauf deuten die Signale hin, welche die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit in aller Deutlichkeit aussendet. Wenn sich EZB-Chef Mario Draghi mit der Aussage zitieren lässt, 'Wir haben den Zugriff der Banken auf unbegrenzte Liquidität bis Ende 2016 verlängert. Das ist ein Signal', lässt dies keine andere Interpretation zu.

Draghi spielte damit auf die sogenannte 'Vollzuteilung' an, welche die EZB Anfang Juni um eineinhalb Jahre verlängert hat. Seither können die Banken bis Ende 2016 damit rechnen, dass sie sich bei der Notenbank gegen Sicherheiten so viel Zentralbankgeld wie benötigt leihen können. Bis zum 5. Juni war das Verfahren nur bis Mitte 2015 angedacht. Darüber hinaus verwies er auf das ebenfalls Anfang Juni beschlossene neue Kreditprogramm der EZB, wonach sich die Banken Zentralbankgeld für bis zu vier Jahre leihen können. Dies zeige, dass die Zinssätze über einen längeren Zeitraum niedrig bleiben werden, sagt Draghi klipp und klar. Deutlicher geht’s nicht.

Damit entkommen Anleger zumindest im Euroraum nicht der Zinsfalle, aber sie wissen wenigstens, auf mittlere Sicht, woran sie sind. Man muss sich aber auch klar machen, dass die EZB von Anfang an nur die Wahl zwischen Pest und Cholera hatte. Denn hätten die Notenbanker die Märkte nicht mit Geld geflutet oder 2012 nicht angekündigt, alles für den Erhalt des Euro zu tun, wären die Verwerfungen auch in den Privatvermögen vermutlich noch größer gewesen, als sie aufgrund der Niedrigzinsphase für viele Privatpersonen – Stichwort: Altersarmut – sein dürften.

Klar, man verschiebt damit viele Probleme in die Zukunft. Aber, so wie es aussieht, dürfte dies die Wahl für das kleinere Übel darstellen. Immerhin muss man Draghi eines lassen: Seine historische Ankündigung vom Sommer 2012, Staatsanleihen von reformwilligen Staaten aufkaufen zu wollen, sofern diese unter Druck geraten sollten (OMT-Programm), hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Märkte haben sich im Anschluss beruhigt, so dass die EZB bisher noch keine einzige Staatsanleihe zusätzlich aufkaufen musste.

Ungeachtet dessen gehen die Anleger angesichts der anhaltenden politischen Risiken in Nahost und der Ukraine in Deckung und fragen vor allem deutsche Staatsanleihen nach. So stieg der richtungsweisende Euro-Bund-Future um 0,81 Prozentpunkte auf 146,92 Prozent. Damit fiel die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf 1,26 Prozent, was den tiefsten Stand seit Mai 2013 (1,17 %) bedeutet. Wir werden uns eben daran gewöhnen müssen, dass sich die Minizinsen als Dauergast in unseren Portfolios eingenistet haben." (mb)