"Euroland versucht sich wieder einmal an der politischen Quadratur des Kreises, nämlich der großen, der nachhaltigen Sanierung Griechenlands", blickt Robert Halver, Chefanalyst der Baader Bank, auf das wohl wichtigste Thema für die europäischen Börsen. "Wie üblich kümmert man sich aber nur um die Symptome und ignoriert die Ursachen mit penibler Konsequenz."

Halver ist überzeugt: Die Griechen werden aus eigener Kraft ihre Schulden so wenig erfolgreich bedienen können wie Argentinien im Jahr 2001. Und wenn man sich jetzt darüber in die Haare kriegt, ob Griechenland dieses Ziel 2020 oder 2022 erreichen soll, habe dies etwas von "schildbürgerischer Absurdität". Denn wer wolle – so Halver – in diesen Zeiten auch nur Prognosen bis 2014 wagen.
 
Wer A sagt, muss auch B sagen
Wenn man aber schon die Griechen entgegen ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen in der Eurozone halten will, müsse man auch sagen wie. Halver teilt die Meinung von IWF-Chefin Christine Lagarde, wonach das Land ohne einen massiven Schuldenschnitt seine finanzielle Atemnot niemals in den Griff bekommen werde. Die deutsche Regierung dürfte sich dem jedenfalls widersetzen, so der Börseexperte.
 
Erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 ende der politische Schonwaschgang. Bis dahin werde Griechenland laut Halver weiter mit "aufgehübschten" Troika-Berichten bzw. "charmanten" Instrumenten wie Nullzinsen oder Rückkauf mit fremdem Geld bei der Stange gehalten. Für Halver gleiche dieses "systematische Kaputtsparen", wie er es in seinem aktuellen Kapitalmarktbericht beschreibt, politischem Wahnsinn und habe schon Deutschland nach 1929 in die Katastrophe geführt.
 
Nicht ohne die EZB
Die eigentliche Frage laute aber ohnehin: Wie will Europa eigentlich mit den großen Brocken Spanien, Italien oder im Extremfall mit dem neuen "Enfant terrible" Frankreich fertig werden? Die derzeit einzige Hoffnung ruhe laut Halver bei der EZB und seinem Präsidenten Mario Draghi. "Ich bin so froh, dass die EZB die Darbietungen der Europolitik nicht mehr akzeptiert, einschreitet und Ruhe in die Finanzmärkte bringt." (dw)