Die italienische Wirtschaft befindet sich seit zweieinhalb Jahren in der Rezession. Dank der Unterstützung der Europäischen Zentralbank (EZB) lasse der Gegenwind zumindest geldtechnisch nach, sagt Robert Halver, Kapitalmarktanalyst der Baader Bank. Die Hoffnungen der Wirtschaft ruhten auf dem neuen Ministerpräsidenten Matteo Renzi, der Reformen zur Förderung der italienischen Wettbewerbsfähigkeit versprochen hat. Allerdings sei das von Renzi angekündigte Tausend-Tage-Programm eine Herkulesaufgabe, urteilt Halver. Ein Scheitern Renzis wie bei seinen Amtsvorgängern Monti und Letta und damit eine Konservierung der politischen Lähmung Italiens sei jederzeit möglich. Im Notfall bleibe Italien nur die Möglichkeit, die Volkswirtschaft über mehr Neuverschuldung zu stützen.

Dank des Euro-Rettungsversprechens der EZB liegt die Rendite fünfjähriger italienischer Staatsanleihen mit 1,41 Prozent, trotz einem Standard & Poor‘s-Rating von gerade einmal BBB. Die Finanzmärkte zweifelten definitiv nicht an der weiteren geldpolitischen Unterstützung, so Halver. "Immerhin, da die systemgefährdende Euro-Staatsschuldenkrise durch den Einfluss der EZB nicht mehr virulent ist, hat der MSCI Italy Index deutlich Auftrieb erhalten." Unter den euroländischen Aktienindizes sei der italienische Index im laufenden Jahr ein klarer Outperformer, sogar der beste Eurolands. Italienische Aktien profitierten von ihrem Aufholpotenzial vor allem gegenüber deutschen Aktien. "Viele, insbesondere norditalienische Konzerne sind besser geführt als der eigene Staatshaushalt und gehören mit einer konkurrenzfähigen Industrie- und Konsumgüterkultur ähnlich wie eine Vielzahl deutscher Mittelstandsunternehmen zur Weltspitze", so Halver.

Euroland-Aktien könnten sich differenzierter entwickeln
Sollte die Verbesserung der Standortqualitäten Italiens nicht beherzt umgesetzt werden, dürfte diese relative Stärke gegenüber den fundamental stärker aufgestellten euroländischen Aktienmärkten allerdings auslaufen, warnt der Analyst. Eine Vorahnung über eine differenzierte Aktienentwicklung habe sich bereits in den vergangenen Tagen gezeigt. Die Gerüchte um Zahlungsschwierigkeiten des portugiesischen Kreditinstituts Banco Espirito Santo hätten verdeutlicht, dass von der schönen geldpolitischen Fassade blühender Landschaften der Euro-Südzone die fundamentale und finanzwirtschaftliche Realität abweiche. Das Negativimage aus der Zeit der Euro-Krise hafte insbesondere Aktien aus den südlichen Ländern des Währungsraums immer noch an. (mb)