Historisch betrachtet seien politische Krisen bislang von eher kurzer Dauer gewesen, stellt Robert Halver fest, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. "Aber auch wenn politische Börsen kurze Beine haben, ist immer noch fraglich wie kurz", sagt er. Das sei schwer zu sagen, weil für politische Konflikte wie aktuell in der Ukraine niemand eindeutige Lösungsmuster in der Schublade habe. Im schlimmsten Fall würden das gleichzeitige Aufeinandertreffen von politischer Krise und Wirtschaftssanktionen auf die Anlegerstimmung wirken wie das Zusammenfallen von Aschermittwoch und Karfreitag auf einen Tag, urteilt der Analyst. Der Blick in die Vergangenheit mache klar, dass, wenn erst einmal die Aktienmärkte einbrechen, früher oder später auch die Konjunktur von einem Kollateralschaden heimgesucht werde. "Der schöne Wiederaufbau der Weltwirtschaft über viele neue Schulden mit geldpolitischem Segen wäre dann Makulatur", sagt Halver.
 
Auch dieses Mal dürften die politischen Börsen kurze Beine haben, schätzt der Kapitalmarktexperte. Investments in deutlich gefallene russische Energiewerte seien indes mit Blick auf potenzielle Währungsverluste und die angeschlagene russische Börse riskant. "Grundsätzlich würde ich mich aktuell schwerpunktmäßig auf den deutschen, europäischen und amerikanischen Aktienmarkt konzentrieren", sagt Halver. "Denn zunächst verfügen in den westlichen Ländern die defensiven Aktien mit ihren hohen Dividendenrenditen über eine vergleichsweise kursstabile Substanz."

Hohe Kursschwankungen drohen
Aber auch bei zyklischen Konjunkturaktien aus den Branchen Chemie-, Auto- und Maschinenbau sollten Anleger aufmerken: Der konjunktur- und exportsensitive Aktienindex MDAX entwickele sich aktuell weiter besser als der deutsche Leitindex DAX. "Damit kommt die Überzeugung der Anleger zum Ausdruck, wonach uns trotz der politischen Börse weltwirtschaftlich keine nachhaltig kurzen Beine drohen", sagt Halver. "Dennoch, da wir noch nicht wissen, wie kurz die politische Krise ist, müssen Anleger vorerst hohe Kursschwankungen aushalten." Hier seien regelmäßige Sparpläne in Aktien ein gutes Gegeninstrument, da sie bei schwächeren Kursen mehr Aktienanteile bieten. (mb)