Italien kämpft mit einer Staatsverschuldung, die mittlerweile 130 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht hat. Nur das Versprechen von EZB-Präsident Mario Draghi, im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen aufkaufen zu lassen, habe einen GAU am Mailänder Anleihenmarkt verhindert, sagt Robert Halver, leitender Analyst der Baader Bank. Zusätzlich seien die italienischen Staatsanleiherenditen bei vielen Laufzeiten auf den tiefsten Stand in diesem Jahrtausend gefallen. "Ob Italien spart oder nicht, scheint in der heutigen modernen geldpolitischen Zeit keine große Rolle mehr zu spielen", kommentiert Halver. Die Rettungsgarantie der EZB treibe mittlerweile absurde Blüten: Trotz fast einer Verdoppelung der italienischen Staatsverschuldung von 2000 bis geschätzt 2015 werden sich die Zinszahlungen als Anteil an den Staatsausgaben Italiens von zwölf auf dann zirka sechs Prozent halbiert haben.

Wenn sich Wirtschaftswachstum über äußerst zinsgünstige Schulden erzielen lasse, seien die wirtschaftspolitischen Anreize, über Standortreformen zu einem investitionsgetriebenen, gesunden, nachhaltigen Wachstum zu kommen, gering ausgeprägt, sagt Halver. Ohne privatwirtschaftliche Impulse erreiche die Wirtschaft irgendwann Verschuldungsgrade, die selbst die günstigsten Zinsen nicht mehr bezahlen könnten. Und dann sei mit allem zu rechnen. Der neue italienische Premier Matteo Renzi habe das Ticken dieser Zeitbombe gehört. Wie ein Feldwebel auf dem Kasernenhof könne er aber nicht an die Sanierung Italiens gehen, sonst sei ihm Widerstand selbst aus der eigenen Partei gewiss. "Italien braucht unbedingt wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern, die auch Deutschland damals – neben der Agenda 2010 – standortfit gemacht haben", so der Analyst der Baader Bank. "Diese würde jedoch die Verschuldung zunächst weiter ansteigen lassen."

Hoffnung auf Kursgewinne
Renzi brauche für seine Reformen viel Freiraum von Brüssel. Sei Italien künftig tatsächlich wirtschafts- und finanzpolitisch erfolgreich, dürften italienische Aktien Kursgewinne verzeichnen. Renzis Reformpläne scheinen bisher bei Investoren gut anzukommen: Halver weist darauf hin, dass der Mailänder Aktienmarkt seit Jahresanfang sogar besser läuft als der deutsche. Die Reformpolitik des italienischen Premiers müsse zum Nutzen Italiens, Europas und auch zum Nutzen von Aktieninvestoren nachhaltig sein, so der Experte. (mb)