Der starke Euro belastet die deutsche Exportindustrie. Über günstige Rohstoffpreise befeuere er auch Deflationsrisiken in der ohnehin preisschwachen Euro-Peripherie, stellt Robert Halver, Kapitalmarktanalyst der Baader Bank, fest. "Das ist der Fluch des Segens des Euro-Rettungsversprechens der Europäischen Zentralbank vom 26. Juli 2012, zur Not unbegrenzt Anleihen krisenanfälliger Euro-Länder aufzukaufen", sagt er. Denn bei vernachlässigbarem Ausfallrisiko kauften internationale Investoren die noch vergleichsweise renditestarken Euro-Staatsanleihen auf und machten den Euro so zu einer der härtesten Währungen der Welt.

Auf der nächsten Zinssitzung im Juni werde die EZB ihre geldpolitischen Karten allerdings neu mischen. Dann werde man in den von Japan ausgelösten Währungsabwertungswettlauf eintreten, ist Halver überzeugt. "Im Grunde hat sich die EZB selbst in Zugzwang gebracht", sagt er. "Grundsätzlich sind von Notenbankern eher ruhige, unverfängliche Worte an der Tagesordnung. Schüren sie aber wie in den letzten Wochen bei Anlegern Erwartungen auf weitere offensive geldpolitische Lockerungsmaßnahmen, würden sie die Finanzmärkte bei ihrem Ausbleiben enttäuschen." Eine Leitzinssenkung, Minus-Zinsen auf von Banken bei der EZB geparktes Geld sowie unkonventionelle Liquiditätsmaßnahmen sollten eine Abwertung des Euro gegenüber den wichtigsten Handelswährungen bewirken.

Euro runter, Aktien rauf
Mit abnehmenden Netto-Long-Positionen werde am Devisenterminmarkt bereits auf eine Schwächung des Euro zum US-Dollar spekuliert, berichtet der Kapitalmarktanalyst. Von einem aktuellen Wechselkurs von rund 1,36 US-Dollar dürfte der Euro bis Jahresende auf 1,32 nachgeben. Die Hausse am deutschen Aktienmarkt dürfte sich fortsetzen: Die Finanzhistorie zeige, dass Aktien erst bei restriktiver Geldpolitik nachgeben. Die sei aber weder für die US-Notenbank noch für die Bank of Japan oder die EZB zu erwarten. "Nicht zuletzt heizt Liquidität ebenso die internationale Fusions- und Übernahmephantasie an", so Halver. Darüber hinaus werde der erfolgreiche Umbau der Volkswirtschaften in den Schwellenländern hin zu mehr nachhaltigem Binnenwachstum die fundamentalen Aufwärtskräfte in Deutschland festigen. (dw)