Anleihen sind wieder eine attraktive Anlageklasse, meint Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management. Bonds hoher Qualität bieten seiner Meinung nach ein "attraktives Renditepotenzial und deutlich verbesserte Defensivqualitäten". Anleger könnten sich vor diesem Hintergrund mit flexiblen Rentenstrategien wieder an die Sportweisheit halten, dass die Offensive zwar einzelne Spiele gewinnen helfe, aber eine gute Defensive für das längerfristige Ziel der Meisterschaft unverzichtbar sei. Anders gesagt: Sie sollten Risiken in ihrem Portfolio wieder mit Anleihen absichern.

Galler begründet seine Einschätzung mit den gestiegenen Realrenditen zehnjähriger Anleihen, also dem Abstand zwischen Nominalrendite und Inflationserwartungen. "Der handelbare Inflationsswap für die Inflation in zehn Jahren preiste per 30. September eine Inflation von 2,4 Prozent für die USA ein", analysiert er. "Das bedeutet, bei aktuellen Nominalrenditen von vier Prozent bei US-Treasuries sind die Realzinsen mit 1,6 Prozent wieder positiv und damit attraktiver geworden." Noch vor einem Jahr lag der langfristige Realzins mit minus 1,1 Prozent deutlich im negativen Bereich.

Inflation verursachte den Renten-Crash
Mit massiv zulegenden Inflationsraten mussten die Notenbanken in Europa und den USA von ihrem expansiven Kurs abweichen und die Zinsen deutlich erhöhen. Die Folge: Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen sind innerhalb von etwa einem Jahr von minus 0,5 Prozent auf zeitweise mehr als 2,5 Prozent gestiegen. "Der daraus resultierende Kursverfall der Rentenpapiere ist so dramatisch, dass in diesem Jahr in einem klassischen globalen Mischportfolio mit je 50 Prozent Aktien und Renten erstmalig die festverzinslichen Papiere einen größeren Anteil an den Gesamtverlusten haben als Aktien", erklärt Galler.

Nun geht er davon aus, dass der Zeitpunkt, an dem die Zentralbanken von ihrem restriktiven Kurs abweichen werden, näher rückt. "Je schwächer die Konjunktur wird, desto niedriger dürfte der Inflationsanstieg ausfallen, weshalb der Zeitpunkt, an dem Zentralbanken die Priorisierung des Risikos und damit ihre Zinspolitik verändern werden, näher rückt“, so Galler. (fp)