Wie Eurostat am Mittwoch (31.7.) mitteilte, stiegen die Verbraucherpreise im Juli um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, womit die Juni-Zahl von 2,5 Prozent übertroffen wurde. Von "Bloomberg" im Vorfeld befragte Analysten hatten mit einer unveränderten Rate von 2,5 Prozent gerechnet. Die Kerninflation, die volatile Komponenten wie Lebensmittel und Energie ausklammert, blieb den dritten Monat in Folge bei 2,9 Prozent. Ökonomen hatten eine leichte Abschwächung prognostiziert.

Der Bericht ist eine von zwei wichtigen monatlichen Inflationskennzahlen, die den EZB-Ratsmitgliedern vor ihrer Sitzung am 11. und 12. September zur Verfügung stehen. Von dem Treffen erwarten Anleger einen zweiten Zinsschritt nach der ersten Zinssenkung im Juni. "Bloomberg Economics" zufolge wird die Inflation im August auf 2,2 Prozent zurückgehen.

EZB wird "weiterhin abwarten"
Abgesehen von der Inflation warten die Zentralbanker auch auf neue Informationen zu Löhnen und Unternehmensgewinnen sowie auf Updates zur Wirtschaftstätigkeit. "Wir gehen davon aus, dass die EZB nach diesen Daten weiterhin abwarten wird", so die Nordea-Analysten Tuuli Koivu und Anders Svendsen in einer Mitteilung. "Es ist noch zu früh, um endgültige Schlussfolgerungen in Bezug auf die Zinssenkung im September zu ziehen, die nach wie vor unsere Ausgangsbasis darstellt."

Ein weiterer wichtiger Faktor für die Währungshüter der EZB könnten Hinweise auf eine mögliche Lockerung durch die US-Notenbank sein.

Die Daten für die Eurozone folgen auf divergierende Berichte aus den Mitgliedstaaten. In Deutschland beschleunigte sich die Teuerung unerwartet, während die Ergebnisse für Spanien eine überraschend deutliche Abkühlung zeigten. Frankreich und Italien verzeichneten ebenfalls höhere Raten.

Dienstleistungsinflation bleibt auf "unangenehm hohen Niveau"
Die Währungshüter, die auf einen anhaltenden Preisdruck achten, richten ihr Augenmerk vor allem auf den Dienstleistungssektor, da in diesem Bereich ihrer Ansicht nach die Gefahr steigender Löhne am größten ist. Den Daten zufolge lag die Inflation dort im Juli bei vier Prozent und hat sich damit zum ersten Mal seit drei Monaten abgeschwächt.

"Die Dienstleistungsinflation bleibt auf einem unangenehm hohen Niveau, auch wenn sie leicht zurückgegangen ist. Der Anstieg der Gesamtinflationsrate und die Hartnäckigkeit der Kerninflationsrate werden ebenfalls für Diskussionen sorgen", sagt David Powell, Senior Economist bei "Bloomberg Economics". "Die Zähigkeit des zugrundeliegenden Preisanstiegs wird den EZB-Rat bei seinen Überlegungen über den Zeitpunkt weiterer Zinssenkungen zurückhaltend stimmen." 

Inflation "bis weit ins nächste Jahr hinein" über dem Zielwert
Das Wachstum der Verbraucherpreise hat nun seit Mitte 2021 in jedem Monat das Zwei-Prozent-Ziel der Zentralbank überschritten, was die Währungshüter frustriert, nachdem eine anfängliche Verlangsamung effektiv zum Stillstand gekommen ist. Die EZB rechnet damit, dass die Inflation "bis weit ins nächste Jahr hinein" über dem Zielwert liegen wird, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde Anfang Juli warnte.

Diese Woche veröffentlichte Daten weisen zudem auf ein ungleichmäßiges Wachstum im Währungsraum hin, was die Entscheidungsfindung der Zentralbank weiter erschwert. Die deutsche Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal unerwartet, während Frankreich und Spanien die Prognosen übertrafen und Italien eine leichte Verlangsamung verzeichnete.

Die Anleger gehen derzeit von mindestens zwei weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr aus. (mb/Bloomberg)