Die Anleihemärkte stehen vor einer Zeitenwende, sagt Marc-Oliver Lux von der Vermögensverwaltung Dr. Lux & Präuner in München. Die Renditen langlaufender US-amerikanischer und deutscher Staatsanleihen sind seit Mitte letzten Jahres gestiegen. Investoren rechnen damit, dass sich der Trend auch in 2017 fortsetzt. Lange Zeit war die Zinsstrukturkurve der Anleihemärkte flach, beschrieb also eine Marktphase mit nur geringen Renditeunterschieden zwischen Anleihen mit unterschiedlicher Laufzeit. "Doch derzeit ändert sich die Lage", sagt Lux.

Zinsstrukturkurven sind am Markt für Staatsanleihen ein großes Thema – Anleger und auch manche Berater wissen jedoch oft nicht, was sich hinter dem Begriff verbirgt. Lux bringt deshalb Licht ins Dunkel: "Gemeint sind die Renditeabstände zwischen festverzinslichen Wertpapieren verschiedener Laufzeiten", erklärt er. Anleihen mit kurzer Laufzeit bringen in der Regel weniger Zinsen als solche mit späterer Endfälligkeit. Verbindet man die Renditen je nach Laufzeit in einem Diagramm, zeigt sich eine Linie, die sogenannte Zinsstrukturkurve.

Eine flache Zinsstrukturkurve beschreibt eine Phase, in der die Renditeunterschiede zwischen zum Beispiel zwei- und zehnjährigen Anleihen gering sind. "Das waren sie lange Zeit – zum Unglück von Banken und Versicherungen", erklärt Lux. Eine flache Zinsstrukturkurve schmälert die Margen von Banken. "Sie verdienen Geld damit, sich kurzfristig Geld zu niedrigen Zinsen zu leihen und es über längere Fristen teurer zu verleihen", so Lux. Auch für Versicherer war die Zinsstruktur lange Zeit ein Problem, weil sie ihre langfristigen Auszahlungsverpflichtungen mit ihren Einnahmen in Einklang bringen müssen. "Und das funktioniert nur, wenn die Renditen von langlaufenden Anleihen ausreichend hoch sind", ergänzt Lux.

Deutsche Kurve wird steiler
Nun sorgen der gestiegene Ölpreis sowie die höheren Inflationserwartungen für steigende Renditen. Vor allem letztere sorgt dafür, dass die Kurse langlaufender Anleihen besonders deutlich fallen. "Im Gegenzug ziehen ihre Renditen an, die Zinsstrukturkurve wird also steiler", sagt Lux. Die deutsche Zinsstrukturkurve scheine sogar noch steiler zu werden als die in den USA: Zwar halte die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Anleiherenditen im Euroraum am kurzen Ende niedrig. Die langlaufenden Anleihen könnten sich dagegen dem Renditeanstieg in den USA nicht entziehen. (fp)