Anlageprofi rät: Timing-Aspekte unter den Teppich kehren!
Aktien vor einem Crash zu verkaufen, um sie am Tiefpunkt wieder ins Depot zu holen, ist ein hoffnungsloses Unterfangen, meint Vermögensexperte Markus Richert. Trotzdem ist dieses Verhalten unter Anlegern weit verbreitet.
In Phasen wie diesen, in denen die Nervosität an den Märkten zunimmt und die Volatilität steigt, kommt die Stunde der Markettimer. Sie verkaufen ihre Aktien vor dem drohenden Crash, um sie dann am Tiefpunkt günstig wieder zurück zu kaufen. Doch: Nur die Wenigsten schaffen es, innerhalb einer längeren Anlageperiode den optimalen Aus- beziehungsweise Einstiegszeitpunkt zu erwischen, warnt Markus Richert, Seniorberater beim Kölner Vermögensverwalter Portfolio Concept. "Anleger sollten ihre Aktien nicht kopflos kaufen oder verkaufen, nur weil die Masse in die eine oder andere Richtung rennt", sagt er. Vielmehr sollten sie sich in Geduld üben.
In der Regel entscheiden in einem Börsenjahr, das rund 250 Handelstage hat, nur drei bis fünf Tage über einen Erfolg oder Misserfolg. "Wenn man zum richtigen Zeitpunkt einsteigen möchte, müsste man jedes Jahr diese fünf Tage genau treffen", sagt Richert. Haben Anleger nicht gerade Zugang zu besseren Informationen als andere Marktteilnehmer, ist ein solcher Treffer unwahrscheinlich. "Selbst institutionelle Anleger scheitern regelmäßig daran, der Informationseffizienz auf den Kapitalmärkten einen Schritt voraus zu sein", betont der Vermögensexperte.
Transaktionskosten schmälern Gewinne
Vor allem bei den Anhängern der Charttechnik ist das sogenannte Markettiming weitverbreitet. Doch Richert warnt: Wissenschaftlich ist nicht nachzuweisen, dass es funktioniert. In der Forschung besteht Einigkeit darüber, dass ständiges Kaufen und Verkaufen keine höhere Rendite bringt. Ganz im Gegenteil, sagt Richert: "Die Transaktionskosten schmälern die Gewinne."
Generell sollten Anleger im Hinterkopf haben, dass sie sich an einem Unternehmen beteiligen, so als würden sie in eine GmbH einsteigen und dort Anteile erwerben, empfiehlt der Anlageprofi. "Die kann man auch nicht tagesaktuell kaufen oder verkaufen. Geduld ist die oberste Tugend des Investors." Anleger sollten bei einer negativen Marktentwicklung also nicht beginnen, ihre gesamte Allokation in Frage zu stellen. Denn: "Jeder Korrektur folgt früher oder später eine deutliche Erholung." (fp)
Kommentare
Timing - Es geht doch
AntwortenWissenschaftlich beweisen war es auch, dass die Erde eine Scheibe war... Tatsächlich aber ist es durchaus möglich, größere Rückschläge wie 1998, 2000-2003 und 2008 und auch 2011 und 2015 rechtzeitig zu erkennen. Ob man dann genau "oben" aussteigt und "unten" wieder einsteigt, ist dabei gar nicht so wichtig. Zu meinen Bankzeiten habe ich z.B. in 2000 bei rund 7000 Dax-Punkten verkauft und bin 2003 im Juni bei 3200 wieder eingestiegen und dann im August 2007 wieder bei 7300 ausgestiegen. Das waren nicht die jeweiligen Höchst/Tiefststände. Aber die Kunden blieben dabei und haben nicht, wie noch Anfang der 90er Jahre verkauft und dann den folgenden Aufschwung nicht mitgemacht. Bestes Beispiel dafür war das Verhalten der Fidelity Magellan-Anleger zu Peter Lynchs Zeiten... Da der Mensch von Gefühlen beherrscht wird, ist es mit der Geduld eben nicht so weit her. Auch mit dem neuen Aktien-Modell zeigt sich gerade in diesem Jahr, wie wichtig ein entsprechendes System sein kann. So liegt das Deutschland 30 Muster-Depot -ausschließlich mit DAX-Aktien bestückt- aktuell nach Transaktionskosten immer noch im positiven Bereich bei gleichzeitig rund 10 % Indexminus. Bei noch 4 Aktien im Bestand kann da auch nicht mehr viel passieren, auch wenn es noch weiter runter geht. Und bis der Index wieder seine Jahresverluste aufgeholt hat und das Depot "eingeholt" hat, ist noch reichlich Zeit, wieder zu investieren. Zugegeben: Ein Privatanleger wird das so aus Zeitgründen nicht umsetzen können, aber für Vermögensverwalter ist das ein gutes Argument gegen ETF- Buy and Hold und Robi-Advisor. Klaus Gurniak
gurniak@yahoo.de am 15.10.18 um 12:43