Starke Zinserhöhungen bremsen in aller Regel die Konjunkturerwartungen: In der Folge sinken Aktienkurse und Kurse sicherer langlaufender Anleihen steigen. Doch diesmal scheint alles anders: Der US-Aktienmarkt sowie die Renditen von US-Staatsanleihen notieren auch nach dem historischen Inflationsschock und Zinsanhebungen nahe ihrer langjährigen Höchststände und die US-Wirtschaft überrascht laufend positiv, so Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG in Wien. 

Endgültig abgesagt sei die Rezession trotz zuletzt starker US-Konjunkturdaten aber nicht. Grund: "Beim Wirkungsmechanismus der Geldpolitik gibt es umfangreiche zeitliche Verzögerungen", meint Aigner. Daher gilt: "Wenn die Zinsen heute steigen, spürt das die Wirtschaft vollumfänglich erst bis zu einem Jahr später." Dazu kämen die expansive Fiskalpolitik vieler Staaten sowie Nachholeffekte aus der Pandemie etwa im Tourismus und anderen Dienstleistungsbereichen. Diese werden seiner Meinung nach jedoch auslaufen, während die Notenbanken die Zinsen noch für einige Zeit hoch halten dürften. "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben", so Aigner.

Abwarten bei Aktien, Anlegen in Anleihen
Optimistisch ist Aigner daher für Euro- und US-Staatsanleihen. Bei Euro-Staatsanleihen stockten die Raiffeisen-Portfoliomanager ihre Bestände zuletzt auf. Bei Schwellenländer- und auch bei Unternehmensanleihen rechnet er dagegen eher mit einem Anstieg der Risikoprämien. 

Die zuletzt eher positiv überraschenden US-Konjunkturdaten stützen weiter den Aktienmarkt, auch wenn sich die sehr positive Stimmung im August etwas abgekühlt hat: Aigner bleibt aber vorerst abwartend. In den Schwellenländern bereitet dem Anlageprofi vor allem die chinesische Konjunktur Sorgen und macht sich auch in der Gewinnentwicklung bemerkbar. (jh)