Aktiv-Passiv-Duell: Klassiker feiern Comeback
Gerade in Krisenzeiten und bei zittrigen Märkten spielen aktiv gemanagte Fonds ihre Stärken aus, behaupten Anbieter gerne. Und siehe da: Es scheint zu stimmen! Viele Portfolio-Klassiker zeigten im Corona-Jahr, was in ihnen steckt, wie ein Leistungsvergleich der Ratingagentur Scope belegt.
Je turbulenter es an den Märkten zugeht, desto mehr offenbaren sich die Stärken aktiven Managements. So heißt es jedenfalls. Die Coronakrise hat dieses Narrativ nun erstmals seit langem wieder auf die Probe gestellt – und zumindest keinen Beweis für das Gegenteil erbracht. Die große jährliche Aktiv-versus-Passiv-Analyse der Fondsratingagentur Scope zeigt: In sechs von acht untersuchten Kategorien haben aktive Manager den breiten Markt häufiger geschlagen als 2019.
Absolut ausgedückt heißt das: Insgesamt konnten 982 von 2.100 analysierten aktiven Aktienfonds nach Kosten ihren Vergleichsindex – und mithin die Rivalen aus dem ETF-Lager – übertreffen. Damit lag die sogenannte Outperformance-Ratio im Schnitt bei 46 Prozent. Zum Vergleich: 2019 war die Kennziffer noch sechs Prozentpunkte niedriger. In den letzten vier Jahren fiel sie nur 2017 höher aus, als im Mtitel 56 Prozent aller aktiven Aktienfonds ihren Vergleichsindex übertrafen.
"Naive" Outperformance-Ratios im Zeitabriss
Rally bei Wachstumstiteln beflügelt Fonds
Am auffälligsten verbesserten sich – gemessen an der reinen Zahl der von Scope geprüften Portfolios – die Fonds der Kategorie "Aktien Europa". Konnten vor zwei Jahren nur rund 22 Prozent der aktiv gemanagten Produkte den Aktienindex MSCI Europe übertreffen, waren es 2020 mehr als 60 Prozent. Damit weist die Kategorie zugleich auch die höchste Outperformance-Ratio der acht betrachteten Vergleichsgruppen auf.
Auch aktive Welt-Aktienfonds konnten ihren Vergleichsindex weitaus öfter schlagen als noch im Vorjahr. Die Outperformance-Ratio verbesserte sich von 25 Prozent im Jahr 2019 auf 45 Prozent im Jahr 2020. 2018 lag die Quote sogar nur bei 22 Prozent. "Lediglich für die Vergleichsgruppen 'Aktien Deutschland' und 'Aktien Emerging Markets' gingen die Outperformance-Quoten zurück", stellt Scope-Analystin Barbara Claus fest.
Als Ursache der aus Anlegersicht alles in allem vorteilhaften Entwicklung nennen die Berliner den typischen Anlagemix der Fonds. "Viele waren 2020 in Wachstumstitel über- und in Value-Titel untergewichtet und profitierten deshalb von der Marktentwicklung", erklärt Claus. Während der Weltaktien-Index MSCI World um 6,1 Prozent zulegte, kam seine Growth-Variante mit 22,8 Prozent auf ein Vielfaches. Der MSCI World Value erlitt dagegen simultan einen Verlust von 9,3 Prozent.
Volumengewichtete Outperformance-Ratios im Zeitabriss
Scope hat für die acht untersuchten Fondskategorien außerdem eine nach dem Volumen gewichtete "Überflieger-Quote" ermittelt. Dabei stand nicht die Anzahl der Fonds, die den Vergleichsindex schlagen konnten, im Zentrum, sondern der Anteil der "Assets under Management" (AuM) der jeweiligen Vergleichsgruppe, also das in ihnen gesammelte Anlegerkapital.
Auch hier gibt es Erfreuliches zu vermelden: "Die volumengewichtete Outperformance-Ratio ist in allen acht betrachteten Peergroups höher als die nach Anzahl der Fonds berechnete", fasst Claus zusammen. Konkret betrug die volumengewichtete Outperformance-Ratio 2020 exakt 63,5 Prozent. Bedeutet im Klartext: Die Wahrscheinlichkeit, dass Renditesucher bei den populären, weil schwergewichtigen Fonds auf mehr als ihre Kosten kommen, hat trotz Pandemie klar zugenommen.
Am deutlichsten fällt der Unterschied zwischen den beiden Messmethoden interessanterweise in einer Kategorie aus, die viele Anleger und Berater mutmaßlich längst abgeschrieben haben: In der Gruppe "Aktien Japan" (79% versus 48%). "Hier konnten bis auf einen sämtliche Japan-Fonds mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Euro den MSCI Japan übertreffen", hält Scope-Fachfrau Claus fest.
So goldgerändert die 2020er-Leistungsschau für die Steuerleute klassischer Fonds auch ausfallen mag: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Denn langfristig gesehen fällt die Bilanz eher ernüchternd aus. Oder, um es positiv auszudrücken: Da ist noch Luft nach oben. "Über längere Zeiträume fällt die Anzahl der Fonds mit Outperformance in allen Kategorien zunehmend geringer aus", stellt Claus fest. Die Scope-Auswertung (siehe obige Tabelle) bringt es an den Tag: Schafften es in 2020 fast die Hälfte der Fonds, ihre Benchmark zu schlagen, waren es über fünf und zehn Jahre hinweg deutlich weniger. (fp/ps)
Kommentare
Sind die Vergleichswerte (Indices) richtig gewählt?
AntwortenInteressant wäre mal ein volumensgewichteter Vergleich zwischen ETFs und aktiven Fonds. Soweit ich es nachvollziehen kann, fließt, wenn überhaupt nur ein Bruchteil der Anlagen in deutsche oder europäische Aktien in MSCI Germany oder MSCI Europe-ETFs, sondern in ETFs auf den EuroStoxx50 und andere EuroStoxx-ETFs. ETF-Invesoren, die auf deutsche Aktien setzten haben (unglücklicherweise oder weil das kapitalgewichtet halt "richtig" ist) zu 90 % in DAX-ETFs investiert und vielleicht 10 % in MDAX-ETF und gar nicht in den SDAX. Aktive Deutschland-Fonds investieren traditionell tatsächlich wesentlich breiter und sind damit in der Vergangenheit sehr gut gefahren, soweit ich das nachvollziehen kann. Man kann sich zwar freuen, dass man mit einem DAX-ETF 1,3 % Management-Fee gespart hat, aber wenn man die Nach-Kosten-Performance vergleicht, dann verfliegt die Freude bei den meisten DAX-ETF-Investoren. Noch schlimmer sieht es für die Europa-Investoren von ETFs aus. Der älteste Euorpa-ETF, der nun immerhin schon eine 20-jährige Historie hinter sich hat, ist der Ishares Stoxx Europe 50 (WKN: 935926) und kommt seit Auflage auf eine "per-anno-Rendite" von 0,57 % (nach Kosten)! Respekt, wer's selber macht!
info@beirer-finanz.de am 05.02.21 um 15:29