Die Investmentgesellschaft ACMBernstein hält die Benchmarkorientierung von Rentenportfolios angesichts einer wahrscheinlich bevorstehenden Zinssteigerungsperiode nicht mehr für zeitgemäß. "So sinnvoll Anleiheindizes als Momentaufnahme der Rentenmärkte auch sein mögen, als Modellportfolios sind sie ineffizient und zwingen Anleger zu viele Kompromisse auf", erklärt Douglas J. Peebles, Chief Investment Officer und Rentenleiter von ACMBernstein. "Wer bereit ist, sich von Indizes zu befreien, dürfte künftig seinen risikoadjustierten Ertrag deutlich verbessern können."

Das Problem fast aller Anleiheindizes sei die Gewichtung nach Marktkapitalisierung. "Deshalb spielen Staaten oder Unternehmen, die mehr Schuldtitel emittieren, in den Indizes eine größere Rolle", so Peebles, "sodass Emittenten mit aufgeblähten Bilanzen in den Portfolios indexgebundener Anleger unangemessen stark vertreten sind." Japan etwa habe seit Jahren massiv Anleihen begeben, die Anlegern nur wenig Zinsen bieten. An globale Anleiheindizes ausgerichtete Anleger seien trotzdem gezwungen, japanische Staatsanleihen in größerem Umfang zu kaufen. Ähnliches gelte für die im Zentrum der Finanzkrise stehenden, hypothekenbesicherten Wertpapiere. "Weil sie in US-Anleiheindizes zum Nominalwert enthalten sind", so Peebles, "reflektieren die Indizes selbst nach der Krise noch eine bedeutende Marktposition dieser Giftpapiere."

Eine Herausforderung für Anleger sieht der Rentenstratege auch in Veränderungen der Charakteristik und Zusammensetzung von Indizes. "US-Staatsanleihen etwa waren 1990 im heutigen Barclays Capital US Aggregate Index mit 46 Prozent gewichtet", weiß Peebles, "bis zum Jahr 2000 fiel dieser Anteil auf 27 Prozent, um bis 2010 wieder auf 35 Prozent anzusteigen." Die Indexduration könne ebenfalls stark schwanken, beim Barclays Capital Global Aggregate Index sei sie im letzten Jahrzehnt von 4,9 auf 5,8 Jahre gestiegen. Indexgebundene Anleger müssen laut Peebles diese Veränderungen mittragen, auch wenn die Eigenschaften ihres Rentenportfolios dadurch in unbeabsichtigter Weise verändert würden. "Manche Investoren versuchen, mit Indizes verbundene Probleme durch eigene Benchmarkkonstruktionen zu umgehen", so der Experte von ACMBernstein, "doch dies ist überaus schwierig." Besser wäre es seiner Ansicht nach, wenn Anleger über Benchmarks hinausdenken würden. An erster Stelle stehe dabei die Bestimmung der Anlageziele von Rentenportfolios, um diese dann mit maßgeschneiderten Investmentstrategien verfolgen zu können.

Ein wichtiger Zweck vieler Anleihebestände sei die Abmilderung der Risiken anderer Anlageklassen. "Nicht alle Anleihesektoren eignen sich aber als beständige Diversifikatoren für Risikoanlagen", erklärt Peebles, "und im Krisenjahr 2008 zeigte sich, dass Diversifikationsvorteile manchmal genau dann schwinden, wenn sie am meisten gebraucht werden." Historisch betrachtet hätten US-Staatsanleihen die Diversifikatorenrolle am besten erfüllt, doch weil die Staatsschuldenkrise in den Vordergrund dränge, sei es unwahrscheinlich, dass sie künftig noch den gleichen Schutz bieten würden wie in der Vergangenheit. Analysen von ACMBernstein hätten gezeigt, dass ein besserer Weg zur Diversifikation gegenüber Risikoanlagen im Aufbau eines breit gestreuten, globalen Staatsanleihenportfolios mit fünfjährigen Laufzeiten bestehe.

Die globale Streuung biete mehr Diversifikation und Renditemöglichkeiten als ein lokales Investment, und Anleihen mit fünfjähriger Fälligkeit würden gegenüber länger oder kürzer laufenden Bonds 85 Prozent der Erträge bei nur zwei Drittel der Volatilität aufweisen. "Am besten nutzen kann man diese Vorteile mit einem benchmarkfreien Portfolio", so der Anleihenspezialist.

Das zweite große Ziel von Rentenanlagen sei Ertrag. "Um diesen zu maximieren, konzentrieren sich viele Investoren auf renditestärkere Anleihen ohne Investment-Grade-Status", weiß Peebles. "Wer aber an Benchmarks für Hochzins-Unternehmensanleihen oder bestimmte Regionen gebunden ist, wird kaum auf Dauer alle Chancen nutzen und Ertragsziele erreichen können." Derzeit gebe es viele Investment-Grade-Unternehmen, deren Anleihen Renditen im Bereich des Hochzinsuniversums bringen, und sowohl Bankkredite, hypothekenbesicherte Wertpapiere als auch Staats- und Unternehmensanleihen aus Schwellenmärkten und Industrieländern würden sich auf Basis jüngster Renditen für ein globales Hochertragsportfolio qualifizieren. "Weil sich die Verhältnisse schnell ändern, sollte ein auf maximalen Ertrag ausgerichteter Manager flexibel genug sein, um in allen Regionen, Sektoren und Qualitätsstufen der globalen Anleihemärkte Chancen wahrzunehmen", ist sich Peebles sicher.

Als drittes Hauptziel von Anleiheinvestoren gelte der Kapitalerhalt. Zu diesem Zweck werde oft in kurzlaufende Anleihen eines bestimmten Landes investiert, doch die Beschränkung auf ein Emissionsland führe zur Konzentration von Risiken. "Ein Vergleich der Erträge ein- bis fünfjähriger Staatsanleihen aus sechs großen Märkten seit dem Jahr 2001 zeigt, dass es kein Erfolgsschema gibt", so Peebles. "Aus Gewinnern werden Verlierer und umgekehrt, nur die Kluft zwischen ihnen bleibt stabil." Daraus ergebe sich Alpha-Potenzial, das ein guter aktiver Manager für solide risikoadjustierte Erträge nutzen könne.

"Angesichts vielfältiger Herausforderungen und volatiler Märkte erkennt eine wachsende Zahl von Investoren, dass Standardbenchmarks im Rentenbereich ihre Erwartungen nicht erfüllen", resümiert der Anleihen-CIO von ACMBernstein, "der Ausblick für die Anleihemärkte verfinstert sich derzeit, unter anderem wegen der historisch niedrigen Zinsen, zunehmender staatlicher Emissionstätigkeit und dem in weiten Teilen der Welt auftretenden Inflationsdruck. Nur ein gänzlich unbeschränkter Anlageansatz versetzt Renteninvestoren in die Lage, die Märkte weiterhin erfolgreich auszunutzen." (hh)