Was Anleger von Staatsanleihen längst gewohnt sind, greift nun auch bei Schuldtiteln europäischer Unternehmen um sich: Viele Firmenbonds haben eine negative Rendite. Grund sind die angekündigten Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Wert von bislang 60 Milliarden Euro im Monat, die ab April auf 80 Milliarden Euro steigen.

In Zukunft will die Notenbank auch Anleihen von Unternehmen aus dem Euroraum kaufen. Welche Papiere konkret aufgekauft werden, weiß zurzeit zwar noch niemand so genau. Allerdings scheint bei Investoren ausgemacht, dass sich die Notenbanker auf die qualitativ guten Ratingklassen (Investment Grade, also mindestens „BBB–“) konzentrieren werden, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Nach Berechnung der DZ-Bank-Analysten kämen für die EZB-Käufe somit Unternehmensanleihen im Volumen von 600 Milliarden Euro in Frage. Sie schätzen, dass die Zentralbank im Monat Unternehmenstitel für 7,5 Milliarden Euro kaufen wird.

Die Ankündigung habe schon jetzt die Kurse vieler Unternehmensanleihen so weit nach oben getrieben, dass ihre Renditen in den negativen Bereich gerutscht sind. "Derzeit liegen die Anleihen von Unternehmen mit einem Rating im A-Bereich und einer Restlaufzeit von bis zu eineinhalb Jahren zumeist im negativen Bereich", sagt Christian Strätz, Analyst der Bayerischen Landesbank (Bayern LB), der Zeitung gegenüber. Zu den Emittenten, für deren Anleihen die Investoren bereit sind, eine negative Rendite zu zahlen, zählen auch Schwergewichte wie die britisch-niederländische Ölgruppe Royal Dutch Shell oder der französische Pharmakonzern Sanofi.

Profi-Anleger sitzen zunehmend auf dem Trockenen
Das Volumen der Unternehmensanleihen, die gegenwärtig negative Marktzinsen aufweisen, dürfte nach Zählung der Finanznachrichtenagentur Bloomberg gegenwärtig um die 16 Milliarden Euro betragen. Zum Vergleich: Rund zwei Billionen Euro an Staatsanleihen aus dem Euroraum haben derzeit eine negative Rendite. Das sind nach Angaben der US-Fondsgesellschaft Janus rund 40 Prozent des Gesamtvolumens.

Institutionelle Investoren wie Versicherer oder Pensionsfonds sehen harten Zeiten entgegen. Denn schon seit längerem gilt der Markt für Firmenbonds als ausgetrocknet. So sei es inzwischen unmöglich, von Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro am Markt einen Betrag von 10 Millionen Euro zu kaufen, schreibt die FAZ. Fondsmanager befürchten nun Verhältnisse wie am Markt für Pfandbriefe. Bei den mit Hypotheken- oder Staatskrediten unterlegten Bankenanleihen dominiert die EZB die Nachfrageseite. Dagegen will sie als Bankenaufseherin unbesicherte Bankanleihen nicht kaufen. (ps)