Die großen Zentralbanken schwenken allmählich auf eine straffere Geldpolitik um, allen voran die US-Notenbank Fed. Damit steht die Weltwirtschaft zum ersten Mal seit der Finanzkrise vor einer konzertierten geldpolitischen Straffung. Manch einer hält das angesichts der hartnäckig niedrigen Inflation für einen Fehler. Nicht so die Volkswirte von Aberdeen Standard Investments: Sie gehen davon aus, dass sowohl die Realwirtschaft als auch die Finanzmärkte gut zurechtkommen, wenn die geldpolitische Unterstützung nachlässt.

Es gibt genügend Daten, die darauf hindeuten, dass die aktuelle Notenbankpolitik kein Fehler ist, sagt Chefvolkswirt Jeremy Lawson. Zwar zeige sich der Schaden, den ein geldpolitisch falscher Pfad anrichten könne, erst später. Aber: In den USA und in China, wo die Zinsen im Laufe des Jahres stetig gestiegen sind, haben sich wichtige Indikatoren wie Arbeitslosenquote und Konsumentenstimmung kontinuierlich verbessert. Auch Europa steht mittlerweile gut da, selbst wenn sich zwischen einzelnen Ländern Unterschiede zeigen.

Emerging Markets bleiben stabil
In den Schwellenländern könnte eine straffere Geldpolitik der Fed zu sinkenden Kapitalströmen führen. Bislang ist von einer solchen Entwicklung allerdings nichts zu sehen. Es zeichnet sich ab, dass im laufenden Jahr doppelt so viel Kapital in die Emerging Markets fließt wie in den Jahren 2015 und 2016. Dabei bleiben die Währungen der Schwellenländer bisher weitgehend stabil.

Die größte Unbekannte im laufenden Geldpolitik-Experiment ist das politische Risiko. Unklar ist etwa, wie sich die Brexit-Verhandlungen auf die Wirtschaft auswirken, wer die Fed künftig führen wird und was der US-Protektionismus für das Schwellenländer-Wachstum bedeutet. "Trotz grundsätzlicher Zuversicht für die wirtschaftliche Erholung könnten diese Fragen die Zentralbanken irritieren", sagt Lawson. (fp)