In der laufenden Woche verkündet die Europäische Zentralbank die Szenarien und Methoden für den anstehen Banken-Stresstest. Diese Details seien entscheidend dafür, wie glaubwürdig die anstehende Prüfung des europäischen Bankensystems ist, urteilt Neil Williamson, Analyst der Fondsgesellschaft Aberdeen. EZB-Chef Mario Draghi befinde sich in einer heiklen Situation: Auf der einen Seite habe er nach den bisherigen Stresstests scharfe Kritik erfahren. Die Tests seien nicht anspruchsvoll genug gewesen. Auf der anderen Seite könnte ein harter Stresstest Instabilität erzeugen, indem er die Fragilität einzelner Banken aufzeigt und Investoren verschreckt. Draghi und seinen Kollegen müssen einen Mittelweg finden, bei dem die Tests und die Bewertung als hart angesehen werden, aber nicht zu alarmierend für die Marktteilnehmer sind, sagt Williamson. "Es ist ein Drahtseilakt, der außerordentliche Balance erfordert."

Die Frage sei zudem, ob Banken als Antwort auf den Stresstest den Grad ihrer Verschuldung weiter reduzieren, um ihre Bilanzen zu stützen. Die Gefahr dabei sei, dass die Kreditvergabe weiter sinkee, was wiederum die Wirtschaftsaktivität einschränken könne, warnt Williamson. Dieses Szenario habe man bereits Ende 2013 gesehen: Banken hätten ihre Bilanzen positiver aussehen lassen, indem sie unter anderem die Vergabe von Krediten auf Januar verschoben. Stresstest auf Basis von Bilanzen hätten damit nur eine begrenzte Aussagekraft, sagt Williamson. (dw)