Millionen Menschen stehen in China unter Quarantäne, Tausende haben sich infiziert, rund 80 Patienten sind bereits gestorben: Das Coronavirus wütet in der Volksrepublik. Neben menschlichem Leid kann eine Epidemie auch schwere volkswirtschaftliche Schäden verursachen. Mo Ji, Chefvolkswirtin für China bei Alliance Bernstein (AB), hat die Kosten ähnlicher Infektionskrankheiten analysiert und wagt eine Prognose, welche Konsequenzen das Coronavirus für die chinesische Wirtschaft haben dürfte.

Das aktuell gefürchtete Wuhan-Coronavirus ruft Erinnerungen an SARS wach, einen anderen, besonders tödlichen Stamm desselben Virus, der von 2002 bis 2003 ebenfalls in der Region Wuhan wütete. SARS war nach Angaben des Nationalen Gesundheitsinstituts für fast 8.100 Infektionen und 774 Todesfälle verantwortlich – und verursachte Verluste in Höhe von schätzungsweise 40 Milliarden US-Dollar.

Ein schneller Sieg tut Not
Während der SARS-Epidemie fiel Chinas Wirtschaftswachstum binnen eines Quartals um zwei Prozentpunkte. "Wir können diesen Präzedenzfall als grobe Richtlinie verwenden", sagt Ji. Ihre Schätzung: Wird die Epidemie innerhalb von drei Monaten eingedämmt, könnte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,8 Prozent sinken. Dauert es neun Monate, bis die Krankheit besiegt ist, dürfte das BIP um bis zu 1,9 Prozent fallen. "Höchstwahrscheinlich wird die Dauer des Ausbruchs irgendwo dazwischen liegen", prognostiziert die Volkswirtin.

Die Schritte, mit denen die chinesische Regierung die Verbreitung des Virus eindämmen will, dürften dem Konsum und dem Einzelhandelsabsatz schaden. "So wirkt sich etwa die Tatsache, dass Konsumenten krank zu Hause bleiben müssen, negativ auf den Absatz von Waren aus, während die Quarantäne einer Stadt dem Tourismus und der Transportindustrie schadet", sagt die AB-Expertin. Sie geht davon aus, dass die chinesische Notenbank mit einer noch lockereren Geld- und Fiskalpolitik gegensteuern wird, um das Wachstumsziel von sechs Prozent im laufenden Jahr nicht zu verfehlen.

Im Sommer könnte der Spuk vorbei sein
Immerhin gibt es auch eine gute Nachricht: Das neue Virus scheint nicht ganz so tödlich zu sein wie SARS, außerdem verlaufen Infektionen bislang tendenziell milder. Bei ähnlichem Verlauf dürfte die aktuelle Epidemie ungefähr Anfang März ihren Höhepunkt erreichen und im April und Mai abklingen. "Coronaviren sind in der Hitze des Sommers weniger übertragbar", erklärt Ji. (fp)