Die Konjunktur schwächt sich ab, die Zinsen sind immer noch niedrig. Nach den deutschen Konjunkturforschern warnten auf der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank auch die globalen Prognostiker vor einem weiteren Abschwung der weltweiten Wirtschaft sowie steigenden Risiken an den Finanzmärkten und nicht zuletzt einer weiterhin ausufernden Verschuldung auf der ganzen Welt. Warum man gerade in einer solchen Situation auf einen aktiven Fondsmanager setzen sollte, ohne dabei auf flexible Kostenstrukturen zu verzichten, erläutert Dilg im Interview.


Herr Dilg, Sie leiten den Vertrieb Publikumsfonds bei Alliance Bernstein (AB). Was beschäftigt Ihre Kunden gegenwärtig?

Martin Dilg: Anleger haben es momentan nicht leicht. Ein politisches Risiko jagt das nächste und die Auswirkungen – kurz- wie auch langfristig – sind kaum berechenbar. Gleichzeitig hat die extrem lockere Geldpolitik der Notenbanken die Konjunkturzyklen verzerrt und zu einem Pseudowohlstand geführt, der wie ein Kartenhaus zusammenzufallen droht. Denn: Die Ära des billigen Geldes neigt sich dem Ende zu und die Refinanzierungskosten steigen jetzt schon in den USA.

Und das Ganze angesichts einer Konjunktur, die sich abzuschwächen beginnt.

Dilg: So ist es. Auch die Aktienhausse des letzten Jahrzehnts scheint zu Ende zu sein: Wir erwarten, dass globale Aktien in den kommenden zehn Jahren um lediglich 5,7 Prozent jährlich wachsen werden – im Gegensatz zum historischen Durchschnitt von 9,2 Prozent auf Eurobasis.

Das ist eine Prognose, die für Anleger recht düster ist. Wie sollten Investoren mit einem solchen Umfeld umgehen?  

Dilg: Die Zeit der einfachen Renditen ist vorbei. Um in den heutigen Märkten zu bestehen, sind Innovation und Research gefragt. Zum einen heißt es: streuen. Investoren müssen noch mehr über Assetklassen hinaus diversifizieren als in den letzten zwanzig Jahren. Gleichzeitig müssen sie aber auch selektiv vorgehen. Bei Aktien, zum Beispiel, nimmt der Diversifikationseffekt schon ab rund 25 bis 30 Titeln deutlich ab. Diese Titel müssen allerdings im Detail durchleuchtet werden. Schwankende Märkte bieten zudem Möglichkeiten für konträre Investments – eine Fundgrube für geschickte Investoren mit einer langfristigen Ausrichtung. Dafür müssen sich Investoren unter anderem auch in Anlageklassen begeben, die sie sonst scheuen. 

Was erwarten Sie im Bereich Geldpolitik? Wie steht es für Anleihe-Investoren?

Dilg: Die Leitzinsen steigen unserer Meinung nach nicht so schnell wieder auf das Niveau von vor der Finanzkrise. Aus diesem Grund lohnt sich oft ein Blick über den Tellerrand. Anleihe-Anleger können zum Beispiel in Hypothekenanleihen in den USA oder in auf Lokalwährung laufende Schwellenländeranleihen investieren und sollten außerdem hochverzinsliche und Investment-Grade-Papiere geschickt mischen.

Das klingt nach viel Arbeit – und für einige konservativere Investoren auch nach viel Überwindung.

Dilg: Leider haben Anleger kaum eine Wahl. Sie können sich gegenwärtig nicht mehr von der Markthausse treiben lassen – für Renditen muss man heute arbeiten. Wer vor zehn oder 15 Jahren mit einem konservativen Portfolio aus siebzig Prozent Renten und dreißig Prozent Aktien noch jährliche Gewinne von fünf bis sechs Prozent erzielen konnte, kommt heute auf zwei bis drei Prozent, selbst wenn die Leitzinsen steigen sollten. So bleibt, zumindest bei konservativ aufgestellten Portfolios, nach Abzug der Inflation und der Gebühren vom Ertrag am Ende wahrscheinlich kaum etwas übrig.

Müssen Anleger also um ihre Einkünfte bangen?

Dilg: Nicht, wenn sie sich die Arbeit machen, Portfoliomanager zu finden, die ihre Benchmark sowohl in aufsteigenden als auch in fallenden Märkten übertreffen.

Das schaffen allerdings nicht viele. Vor allem in den Jahren der Börsenrally haben bei weitem nicht alle aktiven Manager die Indizes geschlagen.

Dilg: Für aktive Fondsmanager war es in Zeiten des billigen Geldes nicht immer einfach, Indizes zu übertreffen. Wenn Zentralbanken mit quantitativer Lockerung ein massives Anleihekaufprogramm forcieren oder Zinsen niedrig halten, fließt viel Geld in die Aktienmärkte. Portfoliomanager, die Titel oder Sektoren nach genauer Analyse und Überzeugung über- oder untergewichten, sind mit Anlegern konfrontiert, die blindlinks fast alles kaufen, was im Index ist, und diesen so in die Höhe treiben. Um dann kostengünstige ETFs in der Performance zu überbieten, muss ein Fondsmanager außerdem nicht nur besser sein als der Index, sondern auch eine höhere Rendite erzielen, als die Gebühr, die seine Kunden fürs Management bezahlen – sonst macht diese die Erträge wieder zunichte.

Stichwort Gebühren: Diese sind immer wieder ein Thema in der öffentlichen Diskussion. Sehen sie das auch bei Ihren Kunden?

Dilg: Das Thema Gebühren und Kosten wird in Zukunft für Investoren immer wichtiger. Wenn Erträge aufgrund von Niedrigzinsen, Rezessionen, Marktturbulenzen und Inflation bereits knapp sind, können Verwaltungskosten die Renditen empfindlich verringern. Investoren wollen wissen wofür sie zahlen.

Was können Fondsanbieter und -manager dem entgegensetzen?

Dilg: Fondsmanager müssen nachweisen können, welchen Mehrwert sie für den Anleger bieten. Sei es durch Maßnahmen zum Schutz vor Kursverlusten oder durch Strategien, die durchweg hervorragende Ergebnisse erzielen. In diesen zunehmend herausfordernden Märkten müssen Asset Manager Lösungen anbieten, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Dabei darf es nicht an Flexibilität mangeln, auch bei Gebührenmodellen. Hierfür müssen Vermögensverwalter bei Kostenstrukturen neue Ideen bringen.

Einige Vermögensverwalter sind in die Kritik geraten, keinen klaren Mehrwert zu demonstrieren.

Dilg: Der Kunde bezahlt den Manager dafür, dass er Alpha generiert. Wir müssen da einen klaren Mehrwert schaffen. In den USA bieten wir für bestimmte Produkte ein flexibles Gebührenmodell an, eine sogenannte "FlexFee". Hier zahlt der Kunde passiv-ähnliche Gebühren, wenn der Fondsmanager die Marktperformance nicht übertrifft. Generiert er dagegen einen klaren Mehrwert, wird die Gebühr aufgestockt – sie ist allerdings nach oben gedeckelt. Für uns ist FlexFee eine Erweiterung bereits bestehender Lösungen. Der Kunde kann sich aussuchen, ob er diese Gebührenvariante wählt oder einen festen Kostensatz bevorzugt. Gemanagt wird der Fonds auf die gleiche Weise.

Was müssen Asset Manager besonders beachten, um in Zukunft erfolgreich zu sein?

Dilg: Das wirtschaftliche Umfeld wird zunehmend komplexer. Asset Manager müssen die Bedürfnisse ihrer Kunden verstehen und ihnen innovative Lösungen aufzeigen. Es gilt, flexibel zu sein – auch wenn es darum geht, neue Vertriebsmodelle oder Gebührenstrukturen zu implementieren. Zudem ist Transparenz vonnöten: Wir müssen zeigen können, welchen Mehrwert wir dem Kunden bieten und wie wir diesen erreichen. Wem es an diesen Eigenschaften mangelt, der wird in schwierigen Märkten nicht bestehen.

Vielen Dank für das Gespräch. (hh)