Viele Anleger fürchten, dass steigende Zinsen eine Krise bei amerikanischen Hochzinsanleihen auslösen könnten. Für solche Befürchtungen gebe es keinen Grund, sagt Gershon Distenfeld, Spezialist für High-Yield-Bonds beim Fondsanbieter AB. Das hypothetische Szenario besorgter Investoren sehe in etwa folgendermaßen aus: In den kommenden ein bis zwei Jahren werden Unternehmen des High-Yield-Segments aufgrund steigender Zinsen Schwierigkeiten mit der Umschuldung im Zuge fälliger Anleihen haben, was bei vielen zu Ausfällen führen wird. Dieser Umstand könnte eine Verkaufswelle auslösen und die geringere Liquidität wiederum könnte zu einer ausgewachsenen Krise führen, da sie den Kauf und Verkauf von Anleihen erschwert. "Hier muss einiges klargestellt werden", sagt Distenfeld.

Steigende Zinsen bedeuteten nicht unbedingt höhere Ausfallraten. "Tatsächlich haben sich Hochzinsanleihen in einem Umfeld steigender Zinsen bislang recht gut gehalten", so der AB-Experte. "Dies liegt im Wesentlichen daran, dass steigende Zinsen Hand in Hand mit einem Konjunkturaufschwung gehen. Und wenn die Wirtschaft wächst, verbessern sich sowohl die geschäftlichen Aussichten als auch die Kreditwürdigkeit der Unternehmen." Wegen des anstehenden Übergangs des Kreditzyklus von der Expansions- in die Kontraktionsphase erwartet AB allerdings, dass die Ausfallquote in den kommenden Jahren von etwas unter zwei Prozent wieder auf ihren langfristigen Durchschnitt von 3,8 Prozent steigen wird.

Hochzins-Märkte waren nie extrem liquide
Auch die Liquidität bereitet Distenfeld keine Sorgen. "Davon gibt es derzeit zweifellos weniger auf den Anleihenmärkten", sagt er. "Doch das ist kein neues Phänomen. Die Märkte für Unternehmensanleihen im Allgemeinen – und das High-Yield-Segment im Besonderen – waren nie so liquide wie jene für US-Staatsanleihen. Und schon seit Jahren beobachten wir neue Regulierungsvorschriften für Banken, die dem Markt noch mehr Liquidität entziehen." Illiquide Märkte böten allerdings auch Chancen. "Versiegt die Liquidität in einem Sektor, ist sie in einem anderen womöglich reichlich vorhanden. Richtig gehandhabt, kann sie eine zusätzliche Renditequelle darstellen", sagt der Hochzinsspezialist.

US-Unternehmen des High-Yield-Segments befänden sich im Großen und Ganzen im Spätstadium des Kreditzyklus. "Wir sind jedoch nicht der Auffassung, dass Anleger ihre Allokationen in Hochzinspapieren reduzieren sollten", so Distenfeld. "Die Zinssätze werden, trotz restriktiver Politik der US-Notenbank, insgesamt niedrig bleiben." Mit Durchschnittsrenditen von fast sechs Prozent böten Hochzinsanleihen Anlegern, die ihre Kreditanalyse im Blick behalten, ein angemessenes Renditesteigerungspotenzial. Anleger sollten in den kommenden ein bis zwei Jahren mit Volatilitätsphasen rechnen, wenn die Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Realität werden. Mit einer Krise aber nicht. (fp)