Am Tag nach dem Super-Tuesday, in dessen Rahmen die Weichen für die US-Präsidentschaftskandidaturen bei Demokraten und Republikanern gestellt wurden, trafen der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier und die USA-Insiderin Sandra Navidi zusammen, um einen Ausblick auf das laufende Wahljahr – und seine möglichen Konsequenzen – zu geben. Die Unternehmerin, ihres Zeichens Gründerin und CEO des Beratungsunternehmens "Beyond Global", zeigte sich dabei davon überzeugt, dass sich bei einem Wahlsieg Trumps "alles ändern" würde. Die Republikaner rund um den ehemaligen Präsidenten seien dabei, das institutionelle Gefüge der größten Volkswirtschaft der Welt auszuhöhlen. Sollte Trump die Wahl gewinnen, würde er versuchen, ein System mit durchaus autokratischen Zügen zu installieren, so Navidis Meinung, die unter anderem auf den Sturm auf das Kapitol hinwies.

Filzmaier stimmte der These zu und mahnte, "die Ereignisse als das zu bezeichnen, was sie waren: Ein Putschversuch, egal wie lächerlich die Bilder von damals vielleicht anmuten." Auch er ortet eine bewusste Destabilisierung der Institutionen sowie eine verstärkte Tendenz zum Isolationismus. 

Protektionismus vs. Stabilität
Auf die Frage, wen die Business-Community bevorzuge, wies Navidi auf verschiedene Strömungen hin. Die einen schätzten Trumps protektionistische Herangehensweise zum Schutz der eigenen Wirtschaft. Insgesamt werde jedoch auch stark Wert auf die höhere politische Stabilität gelegt, die Bidens Politik verspreche.

Diskrepanz zwischen Votum und Wahlausgang
Filzmaier, der auf eine breite Forschungstätigkeit und zahlreiche Publikationen zum Thema der US-Wahlsystematik verweisen kann, arbeitete die erratischen Strukturen des Wahlsystems heraus, das es den Republikanern immer wieder ermöglicht habe, trotz Verlustes der "Popular Vote", die Mehrzahl der Wahlmänner auf sich zu vereinen. Laut Navidi wird es für die Republikaner aufgrund der gesellschaftlichen Trends in den USA jedoch zunehmend schwierig, diese Mechanismen auszunützen, weshalb die Republikaner alles daran setzten, um diese Wahl zu gewinnen und dann ein quasi-autokratisches System zu implementieren. Ob das gelingen wird? Aufgrund politikwissenschaftlicher Faktoren wie Amtsinhaberschaft oder Geschlossenheit der Partei "liegt Biden derzeit vorne", meint Filzmaier. Um fortzuführen: "Aber wir haben ja gelernt, dass in Fragen wie diesen nichts sicher ist." (hw)