Marc Friedrich beschäftigt sich seit 25 Jahren mit Kapitalanlage – zuerst aus Eigeninteresse, seit 2007 als professioneller Anlageberater. Er hat den Staatsbankrott in Argentinien 2001 und den Beginn der Subprime-Krise in den USA 2007 vor Ort miterlebt, was ihn dazu brachte, sich tiefgehend mit unserem Geld und der Geschichte des Geldsystems zu beschäftigen. Seine Erkenntnisse und Recherchen zum Thema stellt er seit 2012 auch einem interessierten Leserkreis zur Verfügung. Derzeit liegt sein siebter Band in den Buchhandlungen, und wie die Bücher davor findet man "Die größte Revolution aller Zeiten" auf den Bestsellerlisten. Ein Interview.


Herr Friedrich, wann und warum wurden Sie Finanzberater?

Marc Friedrich: Das begann nach meiner Rückkehr aus den USA im Jahr 2007, ich warnte damals mein Umfeld, dass mit der Immobilienblase etwas Großes auf uns zukommt. Ich habe schon davor Freunde, Bekannte und Familienmitglieder beraten, weil die wussten, der Marc kennt sich aus. Weil das immer mehr wurde, habe ich mir die Frage gestellt, warum ich das umsonst machen sollte, und machte daraus ein Business: maßgeschneiderte Asset Allocation zur Vermögenssicherung. Damals hab' ich gedacht, dass Vermögenssicherung wichtiger ist als Rendite. Wenn Rendite dabei 'rumkommt, freu ich mich, aber Renditen zu versprechen, fand ich immer unseriös. Ich habe damals schon erwartet, dass wir in eine Zeit der Turbulenzen kommen werden, und es ist genau so passiert, ein Jahr nach Beginn meiner Geschäftstätigkeit kam es zur Lehman-Pleite.

Neben Finanzberatung schreiben Sie Sachbücher, halten Vorträge und sind auf diversen Social-Media-Kanälen aktiv, wo liegt Ihr Schwerpunkt?

Friedrich: Das variiert immer wieder. Jetzt gerade, nach Erscheinen des neuesten Buches, ist das natürlich der Schwerpunkt, ich halte dazu Vorträge, gebe Interviews et cetera. Jetzt ist es gerade zu 90 Prozent tatsächlich "Buch". Dann gibt es wieder Zeiten, in denen es mehrheitlich die Beratung ist. Im Schnitt sind es wahrscheinlich 20 Prozent Buch, 40 Prozent Beratung und der Rest meine Tätigkeit als Speaker.

Zählen Sie zu Letzterem auch den Online-Content? Ihr Youtube-Kanal hat mehr als 400.000 Follower. Damit verdienen Sie doch Geld?

Friedrich: Nicht wirklich, weil ich einen großen Apparat habe. Alleine in unser Studio wurden sechsstellige Summen investiert – in technisches Equipment, Kameras et cetera. Ich habe mehrere Mitarbeiter für Research, Cutter, einen Content Creator – mit Youtube und Podcasts verdienen Sie kein Geld.

Aber Sie gewinnen mit Social Media Buchkäufer und wohl auch Beratungskunden?

Friedrich: Wir fragen natürlich immer nach der Herkunft der Kunden, wobei ein Großteil dem Empfehlungsmanagement, also der Mundpropaganda, zu verdanken ist. Wirksam ist das Research (friedrich.report), das wir im Internet anbieten, an dritter Stelle kommen dann die Bücher, Online-Videos und Vorträge.

Wie viele Kunden und wie viel Kapital betreuen Sie heute in etwa?

Friedrich: In den 17 Jahren, in denen wir aktiv sind, haben wir insgesamt mehr als 1000 Kunden beraten, da sind auch Family Offices und Pensionskassen dabei. 2022 habe ich mir in der Corona-Zeit die Arbeit gemacht, zusammenzuzählen, was wir insgesamt beraten haben – vom Angestellten bis zum Milliardär, und insgesamt sind es 22,9 Milliarden, die in meiner Obhut sind oder waren.

Sie haben jetzt das siebente Buch publiziert, das auf den Bestsellerlisten aufscheint, ab wie vielen verkauften Exemplaren ist man in Deutschland bei Sachbüchern ein "Bestseller"?

Friedrich: Das ist unterschiedlich, in Österreich war ich zuletzt auf Platz eins mit 2000 verkauften Exemplaren in einer Woche. In Deutschland waren es 10.000 Stück, um auf Platz zwei zu kommen. Das ist bei so sperrigen Themen schon gigantisch und besser als ich erwartet hätte.

Waren Sie von Anfang an Honorarberater und wie sieht Ihr Honorarberatungsmodell aus?

Friedrich: Ja, ich war immer Honorarberater, wir verrechnen ein Honorar in Abhängigkeit vom betreuten Volumen.

Was unser Geldsystem betrifft, ist der Tenor Ihrer Bücher pessimistisch, ein Satz aus "Der größte Crash aller Zeiten" lautet: "Bei der kommenden Krise gehen wir von einem Wertverlust von mindestens 95 Prozent bis zum Totalverlust aus." Das ist schon eine gewagte Prognose.

Friedrich: Ganz und gar nicht, ich habe ja die Geschichte des Geldes studiert...

Das heißt, wir reden über Bargeld, Bankguthaben und vielleicht noch Lebensversicherungen?

Friedrich: Genau, wenn Sie die letzten drei Bücher nehmen, ist das eine Trilogie. In "Der größte Crash aller Zeiten" ging es darum, warum dieser kommen wird. In "Die größte Chance aller Zeiten" darum, wie man sein Vermögen schützen kann. Die 2021 abgegebenen Empfehlungen haben bis zu einem Rückblick-Video, das ich 2023 gemacht habe, mehr als 56 Prozent an Wert gewonnen. Inzwischen ist es noch mehr, weil Uranaktien oder Bitcoin ja noch einmal weiter zugelegt haben.

Im Buch "Der größte Crash aller Zeiten" findet sich ein Zitat, das widersprüchlich erscheint. Sie schreiben: "Die meisten Deutschen profitieren nicht vom Euro! Die Unternehmen haben enorm vom Euro profitiert. Daher kann man sagen, dass der Euro ein Subventionsprogramm für die exportorientierte Industrie in Deutschland ist." Die meisten Deutschen profitieren doch indirekt davon, wenn es den Unternehmen gut geht?

Friedrich: Leider nicht, die empirischen Daten zeigen es ja deutlich: Der durchschnittliche Grieche oder Italiener ist vermögender als der durchschnittliche Deutsche. Wir hatten zwar durch den günstigen Euro, denn der Euro ist eine Weichwährung, einen unglaublichen Exportboom, aber leider gingen diese Einnahmen nicht durch den Trickle-Down-Effekt an die normale Bevölkerung. Die Löhne sind weitaus weniger gestiegen als in anderen Ländern. Profitiert haben der Staat, die Unternehmen und die Länder um uns herum, aber nicht die Deutschen.

Sie haben auch geschrieben: "Würde die EZB die Geldflut stoppen und die Zinsen erhöhen, würden uns der Euro und die EU um die Ohren fliegen. Die 15 Prozent Zombieunternehmen und mit ihnen etliche Banken sowie ganze Staaten würden pleitegehen." Nun wurden die Zinsen massiv erhöht, trotzdem ist Ihr Szenario nicht eingetreten.

Friedrich: Die Kollateralschäden durch die Zinserhöhungen sind ja nicht mehr von der Hand zu weisen. Wir haben in Deutschland Insolvenzen auf einem Mehr-Jahres-Hoch, die ersten Zombies kippen also schon. Außerdem, hätte die EZB nicht die Maastrichter Kriterien gebrochen, wäre der Euro schon längst passé. Man hat einfach während des Spiels die Spielregeln geändert und die Bilanzsumme der Zentralbank auf fast neun Billionen Euro aufgeblasen. Das zieht den Prozess in die Länge, der Euro wird aber meiner Meinung nach scheitern. Die Frage lautet nicht ob, sondern wann. Ich würde auf jeden Fall versuchen, aus dem aktuellen Fiatgeldsystem rauszukommen und Zwischenspeicher zu finden.

Ist nicht Japan ein gutes Beispiel dafür, dass auch hochverschuldete Staaten sehr lange funktionieren können? Der lange Zeit angekündigte Zusammenbruch des japanischen Anleihenmarktes und des Yen ist nicht passiert.

Friedrich: Die Rechnung wird am Schluss gemacht. Es gibt Analysen, die ich auch im Buch zeige, die darauf hinweisen, dass jenseits einer Staatsverschuldung von 130 Prozent der Wirtschaftsleistung Schluss ist. Das einzige Gegenbeispiel ist tatsächlich Japan, das jetzt seine Währung geopfert hat. Ich gehe davon aus, dass auch Japan irgendwann eine Währungsreform oder einen Schuldenschnitt durchführen muss – 250 Prozent Staatsverschuldung sind nicht nachhaltig.

Trotzdem hat man als Investor ein Timingproblem. Sie haben zum Beispiel schon vor zwölf Jahren an die Technologieblase der Jahrtausendwende erinnert und vor Aktien gewarnt. Der Technologieboom ist jetzt mehr als zehn Jahre lang weitergelaufen, und die Indizes stehen auf Allzeithoch. Waren Sie bei Aktien zu pessimistisch?

Friedrich: Nein, ich bin seit jeher ein Aktienfan, wichtig ist hier, die Branchenrotation zu beobachten. Ich bin Anfang dieses Jahres aus den "Magnificent Seven" ausgestiegen. Ich würde auch den MSCI-Welt-Index nicht mehr besparen, weil er zu 62 Prozent aus US-Aktien besteht. Und von diesen 62 Prozent geht schon ein Drittel in diese sieben Aktien. Eine so hohe Konzentration von Vermögen auf so wenige Werte hatten wir noch nie. Als antizyklischer Investor bin ich da vorsichtig. Ich sehe mir derzeit Emerging Markets, China und den brasilianischen Aktienmarkt, aber auch Rohstofftitel an. Ich glaube, dass wir eine Bewegung raus aus Growth- und rein in Value-Aktien sehen werden. Ich würde aber nie sagen: Alle Aktien verkaufen.

Ihr Investmentvorschlag aus dem Buch, das 2019 erschien, reicht von physischen Edelmetallen und Diamanten über schuldenfreie Immobilien, Wald und exotischen Investments wie Whisky bis zu Bitcoin. Hat sich diese Aufteilung seither verändert?

Friedrich: Wir haben schon in dem Buch, das zwei Jahre danach erschien, zum Verkauf von Immobilien geraten, womit wir fast den Höhepunkt erwischt haben – was natürlich Zufall war. Seither sind die Preise deutscher Immobilien deutlich gefallen. Bei Gold würde ich weiter hoch gewichten, es liegt aktuell fast auf Allzeithoch. Auch Diamanten finde ich spannend. Sie sind mit Beginn der Russlandsanktionen sehr stark gestiegen, zuletzt wieder zurückgekommen, aber immer noch im Plus. In einer inflationären Welt benötigt man limitierte Werte. Ich gehe davon aus, dass alles, was durch die Natur oder durch die Mathematik limitiert ist, weiter steigen wird, sobald die Gelddruckerei wieder losgeht. So hohe Zinsen, wie wir sie derzeit sehen, können wir uns bei den Schuldenständen langfristig nicht leisten.

Ihre Anlageempfehlungen wie seltene Whisky oder Diamanten sind ohne Fachkenntnisse und ausreichend große Investitionssummen wohl nur schwer umzusetzen. Wie soll ein 100.000-Euro-Anleger, der ja in Ihren Büchern wahrscheinlich die wichtigste Zielgruppe darstellt, hier einsteigen?

Friedrich: Sie können einen Diamanten mit GIA-Zertifikat für wenige Tausend Euro kaufen. Ich sehe hier kein Problem und würde daher jedem raten, auch Diamanten aus Diversifikationsgründen zu kaufen. Das gilt auch für Whisky, natürlich gibt es Flaschen um 500.000 Euro, es gibt aber auch hochwertige Angebote für 300 oder 400 Euro. Etwa ein 18 Jahre alter Macallan Sherry, der jedes Jahr rauskommt, hat bisher immer binnen vier Jahren eine Verdopplung gesehen. Ich bekomme sogar Zuschriften von Lesern, die mir schreiben, dass sie ihren Whisky, den sie vor vier Jahren nach meiner Empfehlung um 399 Euro gekauft haben, um 1000 verkauft haben. Ich denke in meinen Büchern also sehr wohl an alle Vermögensklassen.  

Ihr jüngstes Buch dreht sich schwerpunktmäßig um das Thema Bitcoin, Sie haben hier vor allem versucht, die Gegenargumente der Bitcoin-Skeptiker zu widerlegen. Interessant ist dabei, dass die Gefahr eines möglichen Verbots von Kryptowährungen Ihrer Einschätzung nach – nicht zuletzt wegen der Marktzulassung von Krypto-ETFs in den USA – weitgehend vom Tisch ist. Muss man diese Gefahr nicht doch im Auge behalten, vor allem, wenn Bitcoin-Investments zu stark an Popularität gewinnen?

Friedrich: Die Gefahr ist definitiv nicht Null, aber sie hat deutlich abgenommen. Es gibt ja erste regulatorische Gesetzesentwürfe und auch Umsetzung in der Eurozone, aber auch in Asien und den USA. Außerdem können Sie ein dezentrales System ja nicht verbieten. Auch ein anerkanntes Zahlungsmittel kann man nicht so einfach verbieten, und in El Salvador ist der Bitcoin offizielles Zahlungsmittel, und weitere Nationen werden folgen. Manche Regionen und Staaten – etwa Texas oder Florida – bemühen sich, Investoren und Unternehmen, die sich auf Blockchain und Bitcoin konzentrieren, anzulocken. Unabhängig davon darf man eben nicht alles in einen Bereich investieren, Diversifikation ist unverzichtbar.

Wie sieht denn Ihre Empfehlung bezüglich der Gewichtung von Bitcoin aus?

Friedrich: Das hängt von der Risikobereitschaft eines Anlegers ab, ich würde zu höchstens 30 Prozent raten – manche machen aber nur ein Prozent, und das würde ich als Minimum jedem empfehlen.

30 Prozent klingt mutig.

Friedrich: Keine Frage, das wird man nur machen, wenn man davon überzeugt ist, dass wir es hier wirklich mit der größten Revolution zu tun haben – und die aktuelle Preisentwicklung spricht ja dafür. Aber wenn man bedenkt, dass die Allgemeinheit Bitcoin noch nicht als das entdeckt hat, was es ist, kann man sich als First Mover hier einen Vorsprung sichern. Pro Tag kommen nur 900 Bitcoins neu dazu – und wenn Sie sich ansehen, wie rasch die Wall Street hier alles aufsaugt, wird deutlich, dass wir es mit dem rarsten Gut der Welt zu tun haben.

Für den Durchschnittsanleger bestehen immer noch technische Hürden beim Kauf von Bitcoin. Der Gedanke, nennenswerte Beträge quasi auf dem Handy oder dem PC in einer Wallet zu haben, dürfte vor allem älteren Anlegern nicht behagen. Raten Sie Anlegern, die vor der Technik zurückschrecken, zu Bitcoin-ETFs?

Friedrich: Bevor Sie gar nichts machen, klar. Es widerspricht aber den Grundgedanken von Bitcoin, kein Drittparteienrisiko einzugehen, Selbstverwahrung zu betreiben, autark seine eigene Bank zu sein und so weiter.

Wir danken für das Gespräch. (gf)