Einmal mehr durften sich die Besucher auf die traditionelle Eröffnungsdiskussion am zweiten Tag des FONDS professionell KONGRESSES in Wien freuen: Denn mit den vier hochkarätigen Diskutanten Marion Morales Albiñana-Rosner, Vorständin der Unicredit Bank Austria im Bereich Wealth Management und Private Banking, Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege von Flossbach von Storch, DWS-Starfondsmanager Thomas Schüßler und Ulrich Kaffarnik, Vorstandsmitglied der DJE Kapital, findet sich wohl auf keiner anderen Kongressbühne eine derart geballte Kapitalmarkt-Kompetenz.

Eine der wohl drängendsten Fragen, die im vergangenen Jahr wahrscheinlich beinahe jeden Bundesbürger in Österreich beschäftigte, stellt Wolf gleich eingangs: Wie schnell werden die Zinsen sinken – und vor allem wie weit? Kaffarnik glaubt an zumindest drei Zinssenkungen in diesem Jahr. "Auch wenn es dann zehn sind, liege ich ja nicht falsch", meint der Investmentexperte zwinkernd. Das lässt Armin Wolf freilich nicht so stehen: "Dass die Zinsen wieder sinken werden, kann ich Ihnen auch sagen, dazu brauche ich Ihr Know-how doch nicht." Morales Albiñana-Rosner wird dann doch etwas konkreter: Sie glaubt an eine erste Zinssenkung im Juni und rechnet in Europa mit 75 Basispunkten bis Jahresende.

Vorndran wirft indes die Frage in den Raum, wen kurzfristige Zinsen denn überhaupt interessieren: "Für uns als Investoren spielen noch immer die langfristigen Zinsen eine zentrale Rolle." Schüßler hakt ein, dass er zwar ebenfalls im Sommer Zinssenkungen erwartet. "Vielleicht wird es zwei Senkungen geben. Das bringt in Wirklichkeit aber rein gar nichts", so der DWS-Manager. Dem stimmt Vorndran zu, denn langfristig müssen die Zinsen die Inflation decken. "Und davon sind wir meilenweit entfernt", sagt Vorndran.

"Ich hätte mein Geld verdoppeln können, hätte ich nicht auf Sie gehört"
Wolf hatte aber mit den drei Herrn auf der Bühne, die sich seinen Fragen bereits vor zwei Jahren gestellt hatten, ein Hühnchen zu rupfen: "2022, als der Ukraine-Krieg losging, hatte ich Sie hier auf der Bühne gefragt, ob ein Investment in Rüstungsaktien eine gute Idee sei." Damals hatten die Diskussionsteilnehmer allerdings hinsichtlich ESG-Kriterien Bedenken geäußert und von einer Investition abgeraten. "Hätte ich nicht auf Sie gehört, hätte sich mein Geld verdoppelt", klagt Wolf und fragt weiter: "Was wurde eigentlich aus dem Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage, davon hört man ja kaum mehr etwas?"

Vorndran wirft ein, dass er schon damals gesagt hatte, dass ESG neu definiert gehöre und auch der Bereich Verteidigung zu dem Thema ESG gehöre. Inzwischen seien ebendiese Bereiche hinsichtlich ihrer ESG-Fähigkeit realer bewertet. Das Thema gerate aber auch deshalb immer mehr ins Hintertreffen, weil die Leute derzeit andere Sorgen hätten, meint Vorndran. "Was schade ist, Nachhaltigkeit sollte die Basis eines jeden Investments sein."

Schüßler sieht die Frage nach Investments in die Rüstungsindustrie indes eher nüchtern: "Sie dürfen nicht vergessen, dass seit 30 Jahren kaum in den Bereich investiert wurde." Daher herrsche hier viel Nachholbedarf. "Also, aus Anlegerperspektive eine gute Sache", so Schüßler. Das sieht sein Kollege Kaffarnik etwas anders: "Mir wäre es lieber, wenn wir einen Interessensausgleich mit Russland finden würden", so das Vorstandsmitglied der DJE Kapital, der dafür rauschenden Applaus erntet. Morales Albiñana-Rosner sieht Nachhaltigkeit wiederum als eines der Kernthemen, um eine Vielzahl von Problemen zu bewältigen. So etwa Flüchtlingsbewegungen.

Wie wird das Aktienjahr 2024 laufen?
Wolf verlässt das Exhibition & Congress Center in der Messe Wien grundsätzlich nicht, ohne zuvor einen kleinen Ausblick von den Kapitalmarktprofis eingeholt zu haben. Er will wissen, wie das Aktienjahr 2024 weiter verlaufen wird. Morales Albiñana-Rosner ist skeptisch, was Growth-Aktien angeht und glaubt an eine Korrektur in diesem Bereich. Grundsätzlich sei ihr Haus aber neutral gegenüber Aktien. Vorndran sieht ein positives Aktienjahr, mahnt aber dazu, sich als Anleger diversifiziert aufzustellen. Dem stimmt auch Kaffarnik zu, der glaubt, dass der Aktienmarkt im Jahresverlauf nicht nur von den "Glorreichen Sieben" getrieben sein wird. "Es könnte zu dem einen oder anderen Favoritenwechsel kommen", meint er.

Da fragt Wolf in Richtung Schüßler: "Sie schütteln bei jeder Aussage Ihrer Kollegen den Kopf, warum?" Schüßler denkt nicht, dass der Aktienmarkt weiter derart gut laufen wird. "Die Indikatoren, die auf eine Rezession hindeuten, sind doch nicht weg. Das sollte man weiterhin bedenken", mahnt er zur Vorsicht. (cf)