FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025
A nfang März schien es wieder einmal so weit zu sein. Ein mehrjähriger Aufwärtstrend an dem zuletzt am stärksten beobachteten US-Ak- tienmarkt Nasdaq könnte fürs Erste zu Ende sein. Und erfahrene Akteure wissen: Auf eine Übertrei- bung nach oben folgt mit hoher Wahrscheinlich- keit eine ebensolche nach unten. Schon seit vie- len Monaten weisen Marktbeobachter und -kom- mentatoren darauf hin, dass die Konzentration der Wertzuwächse auf einige wenige Aktien wie Nvidia und Co. ungesund ist und eine Marktbe- wertung, die an die Extremwerte der Jahre 1929 oder 1999 erinnert, mehr Spielraum nach unten als nach oben erö net. Das zu wissen und sich dennoch nicht von den Ereignissen verunsichern zu las- sen, wenn die Börse den Retourgang einlegt, sind leider zwei ver- schiedene Dinge. Auch wenn unzählige Male nachgewiesen wurde, dass man als Anleger imNormalfall scheitert, wenn man versucht, „rechtzeitig“ein- und auszusteigen, wird dies doch wieder und wie- der probiert. Ohne Zweifel sind viele Finanzpro s auch in diesen Tagen dazu gezwungen, verunsicherte Anleger davon abzuhalten, ihre Aktienfonds zu verkaufen, während es gleichzeitig fast unmög- lich ist, Privatanleger zu Neukäufen zu bewegen. Hilfreich könnte im Beratungsgespräch eine Berechnung sein, die die US-Vermögensverwaltung Bespoke Investments durchge- führt hat. Die Amerikaner haben simuliert, wie man mit einer – zugegebenermaßen unsinnigen – Strategie abgeschnitten hätte, die den S&P 500 Index in Form des SPY-ETF nur nach Tagen mit Kursverlust oder Kursgewinn gehalten hätte. Also: Der S&P-500- ETF hat am Vortag an Wert gewonnen, man kauft ihn und hält ihn für einen Tag. Er steigt an diesem Tag, man nimmt den Ge- winn am Abend mit und kauft am nächsten Tag wieder für einen Tag usw.Wer nur nach Tagen mit Kursgewinnen kaufte, hat zwischen 1993 und 2025 rund 44 Pro- zent verdient.Das ist ein – gelinde gesagt – schon erstaunlich schlechtes Ergebnis. Angesichts des tendenziell massiven Aufwärtstrends seit 1993 war man sehr oft investiert, und auch nach Ab- stürzen müsste man am ersten Tag nach einer positiven Trendwende wieder eingestiegen sein. Erklärbar ist dies nur damit, dass man auch in Bärenmärkten nach jedem positiven Tag zu kau- fen gezwungen war, womit man jede Bullenfalle mitgenommen hat.Wie sieht es mit der spiegelverkehrten Strategie aus? Sie setzt auf Ein-Tages-Investments nach Verlusttagen. Hier kauft man vor allem im Abschwung häu ger. Das verblü ende Endergebnis nach mehr als drei Jahrzehnten: 851 Prozent Gewinn. Haben wir also die beste Strategie gefunden? Nein, denn man muss für den Vergleich noch das Naheliegende prüfen: Wie sieht also das Resultat eines Buy-and-Hold-Investments über denselben Beobachtungszeitraum aus? Das Endergebnis, das ohne jedes Hin und Her erzielt wurde, liegt bei 1.273,5 Prozent beziehungsweise 8,5 Prozent pro Jahr. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen, die am FONDS professionell KONGRESS teilgenommen haben, und ho en, Sie auch 2026 wieder begrüßen zu dürfen. FP Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Buy and Hold! Wer in die psycholo- gische Falle tappt, primär nach positiven Markttagen zu inves- tieren, riskiert, dass sich Ertragspotenziale massiv verschlechtern. MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.at 1/2025 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN
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