FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025

Sie sollten ihr Bauchgefühl nicht ausklam- mern. Viele Fondsmanager wollen ihre Intuition nicht in ihre Investmententschei- dungen einbeziehen, weil ihnen das irratio- nal erscheint. Gleichzeitig möchten Port- foliomanager so viele Werkzeuge wie mög- lich zur Verfügung haben, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Sie würden ihre Auswahl einschränken, wenn sie die Intuition ausnähmen. Außerdem können sie vom Schach lernen, dass auch gute Entscheidungen nicht immer zum besten Ergebnis führen. Das ist leider so. Übrigens erhöht es nicht die Gefahr, Fehler zu ma- chen, wenn man ein großes Risiko eingeht. Mit steigendemRisiko steigt zwar die Mög- lichkeit, höhere Verluste einzufahren. Aber Verluste sind nicht dasselbe wie Fehler. Das ist ein Unterschied, und das sollten sich Portfoliomanager bewusst machen. 1985 haben Sie gleichzeitig gegen 32 der weltweit besten Schachcomputer gespielt – und alle geschlagen.Was unterschied da- mals eine Partie gegen den Computer von einer gegen einen menschlichen Spieler? Damals gab noch keine Schachcomputer wie heute.Das waren lediglich Rechner, die die Spielregeln kannten. Menschlichen Spielern konnten sie aber keine Konkur- renz machen. Für uns Top-Player waren solche Turniere in den 1980er-Jahren eher ein Spaß. Wir haben uns gedacht: „Oh, Maschinen, die Schach spielen – lustig!“ Der echte Wettbewerb zwischen Mensch und Maschine hat im Schach erst Anfang der 1990er-Jahre begonnen und rund 15 Jahre gedauert. Er endete mit der totalen Vorherrschaft der Computer. Im Jahr 1996 haben Sie den IBM-Super- computer „Deep Blue“ besiegt. Ihr Triumph veränderte nicht nur die Schachwelt, son- dern markierte auch einen Wendepunkt in der Debatte über die Rolle von künstlicher Intelligenz in der modernen Gesellschaft. Bleiben wir zunächst beim Schach: Was kann KI auf diesem Gebiet heute? Heute können Sie auf Ihr Smartphone eine Schach-App herunterladen, die viel stärker ist als es irgendeine Deep-Blue-Ver- sion.Maschinen sind Menschen im Schach aus einem einfachen Grund haushoch überlegen: Sie machen nur wenige Fehler. Es hat überhaupt keinen Sinn mehr, dass Schachspieler aus Fleisch und Blut gegen Computer antreten, sie würden immer ver- lieren. Gleichzeitig hat die KI aber dafür gesorgt, dass Schach wesentlich populärer geworden ist.Heute hat jeder die Möglich- keit, die Spitzenturniere der berühmten Spieler zu verfolgen und zu verstehen. Dafür braucht man keinen Großmeister mehr, der die Züge erklärt, das ist nur noch ein Blick auf den Bildschirm. Zudem wird Schach in Verbindung mit KI sehr erfolg- reich in der Forschung eingesetzt. KI spielt auch im Fondsmanagement eine immer größere Rolle. Anders als Menschen treffen Computer aber keine intuitiven Entscheidungen. Sind sie menschlichen Fondsprofis gegenüber also imNachteil? Nein, das sind sie keineswegs. Computer verfügen de nitiv nicht über Intuition, aber sie haben andere Vorteile. Es geht darum, die richtige Balance zu nden. Die Frage ist längst nicht mehr, ob wir in » Ich sehe rationale Entscheidungen und Intuition nicht als Gegensätze. « Garri Kasparow, KI-Experte FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH fondsprofessionell.at 1/2025 187

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