FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025

agenten und Versicherungsmaklern. Selbst SWV-Präsident Christoph Matznetter kri- tisiert das. Es müsse „dringend diskutiert werden, wie die Wirtschaftskammer demo- kratischer, transparenter und repräsentativer werden kann. Eine Reform des Wahlsys- tems ist überfällig“, meinte er in einer Aus- sendung. Die Stimmen dieser Wahllisten werden übrigens alle dem WB zugerech- net. Ein weiterer Wirtschaftskammer-Insi- der berichtet, immer wieder würden enga- gierte Leute anderer Parteien zum WB wechseln, schlicht weil man in kleinen Fraktionen wenig ausrichten kann. Wahlanfechtung Nicht auf Reformen warten will UWF- Initiator Mittendorfer. Er sagt, er werde (wie schon früher) die Wahl in Niederöster- reich anfechten. Der Grund: Kammermit- arbeiter sollen telefonisch Betriebe zur Wahl motiviert haben. Da würden einer- seits Kammerressourcen verwendet. Ande- rerseits sei kaum vorstellbar, dass die vom ÖWB dominierte Kammer vorwiegend die Sympathisanten anderer Parteien kontak- tiert hat. Ein weiteres Problem sieht er da- rin, dass wahlwerbende Gruppen in man- chen Fällen selbst Wahlkarten einsammeln. O enbar ist er damit nicht allein. In einer Mail, die der Redaktion vorliegt,mahnt die Wirtschaftskammer Wien, dass nur legiti- mierte Mitarbeiter Wahlkarten entgegen- nehmen dürfen. Vertretern wahlwerbender Gruppen sei dies untersagt.Ob Konsequen- zen drohen, ist unklar. Das Kammergesetz sieht gar keine bestimmte Abgabeform vor. Beschwerden über unklare Vorgänge be- gleiten jede Kammerwahl. Auch diesmal berichteten Medien wieder von Trickserei- en in verschiedensten Sparten, von Perso- nen, die ohne ihr Wissen auf Listen gesetzt wurden, von „duplizierten“Unterschriften, von ominösen Massengewerbeanmeldun- gen bei den Marktfahrern und so weiter. Nervig ist diese Begleitmusik für die Basis, also für jene Fachvertreter in den Bundesländern, die aus Überzeugung da- bei sind und oft viel dafür Zeit aufwenden. Diplomatisch gibt sich Eric Samuilo , Ob- mann der Wiener Finanzdienstleister (ÖWB), der bei den Wahlen gemeinsam mit dem SWV als Sieger hervorging. Er betont, dass im Sinne der demokratischen Teilhabe generell der Rückgang von Wahl- beteiligungen gestoppt werden müsse. „Es gilt, einen noch intensiveren Aufruf zur Inanspruchnahme des Wahlrechts zu starten.“ Kammeridee leidet Auf Nachfrage sieht die WKO keinen Anlass für Änderungen. Es habe noch nie- mand einen verfassungskonformen Vor- schlag vorgelegt, sagte dazu der Sprecher. Unter der konservierenden Haltung leidet am Ende die Idee der Kammer selbst. In anderen Ländern, wo es diese Form der Vertretung nicht gibt, würden oft kleine, aber nanziell potente Interessengruppen den Ton angeben,warnt etwa Mittendorfer. Auch Sascha Dastl, (Liste Dastl / Freiheitli- che /Unabhängige) spricht sich für die Bei- behaltung der P ichtmitgliedschaft aus. Damit stellt er sich gegen die Linie seiner Bundespartei, die das Aus fordert. Zwar ha- ben die Blauen bei der Kammerwahl dazu- gewonnen, doch die Argumentation „pro P ichtmitgliedschaft“ wird für die Basis angesichts der geringen Wahlbeteiligung und des verstaubten Systems nicht leichter. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Es gilt, einen noch intensiveren Aufruf zur Inanspruchnahme des Wahlrechts zu starten. « Eric Samuiloff, Finanzdienstleister Wien Österreichweites Wahlergebnis 2025 Stimmen aus der Urwahl im März Der schwarze Wirtschaftsbund ist weiter die stärkste Kraft, muss aber Verluste hinnehmen. Dazugewonnen haben nur die Freiheitliche Wirtschaft und die Unos (Neos). Quelle:WKO 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % Sonstige FGWÖ Unos Grüne Wirtschaft Freiheitliche Wirtschaft SWV ÖWB 61,3 % % -7,9 9,7 % -1,1 % 13,6 % +7,3 % 8,4 % -1,1 % 5,3 % +2,6 % 0,4 % -0,1 % 1,3 % +0,2 % Wahlbeteiligung 2025: 26,5 % -7,2 Prozentpunkte fondsprofessionell.at 1/2025 185 FOTO: © GÜNTER MENZL

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