FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025

Herr Kammel, in IhremStudien-Abstract ist die Rede davon, dass die Diskussion rein ideologisch begründet ist.Welche Ideologie genau meinen Sie? Kammel: Dass ich sage, ein IFA ist auto- matisch besser.Da gibt es halt ein paar sehr laute Stimmen. Welche zum Beispiel? Kammel: Es haben immer die gleichen Per- sonen das Thema strapaziert.Wenn es Pro- bleme am Markt gibt, sollte man etwas machen. Aber wir haben in Österreich bis zu den Standesregeln überall stehen, dass ich im besten Interesse des Kunden agieren muss. Im Extremfall muss ein Makler das in einem Zivilverfahren belegen. Da wird man wohl geneigt sein, gut zu beraten. Können Sie konkreter werden? Welche Kräfte sehen Sie verantwortlich? Berghammer: Die erste Situation war, dass EU-Finanzkommissarin McGuinness Kon- sumentenschutz falsch verstanden hat.Wir hätten auf die IDD-Revision warten kön- nen. Doch McGuinness ist vorzeitig tätig geworden. Die RIS ist in Wirklichkeit eine IDD-Revision im Lebensversicherungsbe- reich.Dazu kommt, dass das EU-Parlament ideologisch nicht mehr geeint ist. Die gro- ßen Blöcke, Volksparteien und Sozialdemo- kraten, brauchen entweder die Grünen, die Liberalen oder die Rechten. Und dann ist es so, dass in vielen Ländern unser Pro- blem mit dem Verbot gar nicht besteht, weil der Makler entscheiden kann, ob er abhängig oder unabhängig ist. Das Verbot betrifft vor allem Deutschland, Österreich und Spanien. In Spanien steht beim Mak- ler die Unabhängigkeit sogar im Gesetz. Der fällt zu 100 Prozent aus der Provision raus. Zusätzlich war sich in Deutschland in der Vergütungsfrage nicht einmal die Re- gierung einig. Wir waren beim Kabinetts- chef des österreichischen EU-Kommissars Johannes Hahn. Der hat gesagt, das ist kein europäisches Problem, regelt es national. Die Debatte war dennoch nicht nur politisch angestoßen. Regulatoren wie die deutsche BaFin haben auch gesagt, der Vertrieb kön- ne nicht alles abwehren, müsse sich ein wenig bewegen. Hat man der EU-Kommis- sion keinen guten Kompromiss angeboten? Berghammer: Unser Zugang war, dass wir das über die Transparenz lösen. Der Kunde soll wissen, wie sein Vermittler bezahlt wird. Kommissionsseitig wurde die Diskus- sion aber aus der falschen Unterstellung heraus geführt, dass ein Vermittler bei Provisionen automatisch zum Produkt mit der höheren Vergütung greift.Was paradox ist: Würde es tatsächlich ein Problem mit der Provision geben, wie die Kommission glaubt, dann wäre dieses mit einem Verbot in der unabhängigen Beratung keineswegs beseitigt, weil die abhängige Beratung ja laut RIS weiterhin Provisionen bekommt. In Österreich steht „unabhängig“ nicht aus- drücklich in der Gesetzgebung. Da war die Idee, dass sich Makler als ungebunden, aber halt nicht unabhängig definieren. Ist das Problem damit nicht gelöst? Berghammer: Das ist ein Aspekt. In vielen Ländern kann der Makler sagen, ich berate unabhängig oder ungebunden. Wir wol- len, dass Österreich in der Gesetzgebung nachzieht und auch wir diese Wahlfreiheit haben.Wenn ich sage, ich berate Sie unab- hängig, bekomme ich keine Provision. Dann würde sich vorerst nicht sehr viel än- dern? Man definiert sich als ungebunden und kannweiter Provisionen vereinnahmen. Berghammer: Die RIS ist mehr als nur das Provisionsverbot. Da könnte wie gesagt noch sehr viel mehr dazukommen. » Im Extremfall muss ein Makler das in einem Zi- vilverfahren belegen. Da wird man wohl geneigt sein, gut zu beraten. « Armin Kammel, Berater KURZ-VITA: Armin Kammel Professor für Bankrecht und Finanzmarktregulierung an der Lauder Business School und Gastprofessor an weiteren aka- demischen Fakultäten im In- und Ausland. Er hat rund zwei Jahrzehnte Erfahrung in der Unternehmensberatung. Momen- tan ist Kammel im Netzwerk von DLA Piper Austria tätig. FOTO: © GÜNTER MENZL FONDS & VERSICHERUNG Christoph Berghammer + Armin Kammel | WKO 156 fondsprofessionell.at 1/2025

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=