FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025
bringt, und andererseits den IFA, der im besten Kundeninteresse handelt.Dieser Un- terschied stimmt so nicht. Denn am Ende sieht man, dass IFAs durch verschiedene Ausgestaltungen wieder Provisionen bezie- hen. Die EU verlangt also unnötig, dass auf Honorare umgestellt wird. Das bringt viele Maklerinnen und Makler unter Druck. Und wie kommt man auf die Zahlen? Kammel: Die 50 bis 70 Prozent lassen sich aus Erfahrungen aus dem Ausland sowie aus vorhandenen Studien ableiten. Berghammer: Vielen meiner Kundinnen und Kunden ist sogar die Höhe der Provi- sion egal. Sie wissen, dass wir eine Leistung bringen. Aber was sie nicht wollen, ist, dass sie ein Honorar zahlen müssen. Ist das nicht ein Widerspruch? Wenn ihnen die Provisionshöhe egal ist, dann werden sie auch nichts gegen Honorare haben. Da geht’s dann nur umeine Schranke imKopf. Berghammer: Nein, da geht es darum, dass der Konsument weiß, dass ein provisions- freier Vertrag nicht billiger ist. Er müsste das Geld als Honorar zusätzlich in die Hand nehmen. Und er müsste es auf den Vertrag hochrechnen. Ich kritisiere, dass Europa die Konsumentinnen und Konsu- menten als nicht mündig hinstellt. Die Analysen zu Honorarmodellen gehen ja stark auseinander. Manche zeigen, dass die Beratungsqualität steigt. Und andere erge- ben, dass Honorare funktionieren, wenn ich sie nicht als schmerzlichen Einmalbetrag verrechne, sondern in Form laufender Kosten. Haben Sie auch Vorteile einer Um- stellung untersucht? Kammel: Was funktioniert, ist ein stark kul- turelles Thema. Was ist ein Konsument gewohnt? Wie klar wird kommuniziert? Ist mir bewusst, wie der Vertrieb abläuft? Ich sehe in Großbritannien oder Holland keine Evidenz, dass die Umstellung eine Verbesserung gebracht hat. Berghammer: In den Niederlanden kam es zumProvisionsverbot,weil es tatsächlich ein Mis-Selling gab. Aber dort ist der Retail- investmentmarkt nach der Regulierung tot. ZumBeispiel hatten davor viele Bürger Ster- beversicherungen. Jetzt müssen Kommunen Beerdigungen übernehmen, weil die Leute nicht mehr vorsorgen. Unter 200.000 Euro gibt es keine Beratung mehr.Österreich hat aber kein Problemmit Mis-Selling. Das So- zialministerium registriert kaum Beschwer- den über Makler und hat sich ebenfalls gegen ein Verbot ausgesprochen. Kammel: Mehr Regulierung erhöht die Fix- kosten der Maklerinnen und Makler. Da- mit fördert man Oligopolstrukturen. Nur die Großen überleben oder solche, die Teil einer Struktur sind. Der kleine Makler, der wirklich nah am Kunden ist, der ist der Erste, der hinausgedrängt wird. Berghammer: Die Beratung durch die Ver- sicherungsmaklerinnen und -makler war in den vergangenen Jahren ausgezeichnet. Probleme gab es aber genau in Struktur- vertrieben und bei Banken. Das wird nicht angegangen. Stattdessen zerstört man unse- ren Bereich, wo nachweislich seriös und sehr breit beraten wird. » Ich kritisiere, dass Europa die Konsumenten als nicht mündig hinstellt. « C hr i s to ph B e rgham m er , WKO FOTO: © GÜNTER MENZL fondsprofessionell.at 1/2025 155
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