FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025

Striegl: Seit Mitte 2023 setzen wir die KI in all unseren Aktienfonds ein. Prinzipiell wer- den die Portfolios monatlich evaluiert.Wir schauen uns alle Titel im Portfolio an und bewerten sie nach Value-, Growth- und Quality-Kennzahlen.Dabei gibt es Titel, die sich verschlechtert haben und verkauft wer- den. Dann bekommen andere Titel die Chance, in den Fonds aufgenommen zu werden.Und erst dann kommt die KI zum Einsatz. Jene Titel, die wir prinzipiell vom Scoring und vom Momentum etc. her in- teressant nden,werden dann noch einmal von der KI überprüft. Wenn die KI-Mei- nung negativ ausfällt, verzichten wir gege- benenfalls auf den Kauf. Was wir nicht machen, ist, dass wir die Titel automatisch verkaufen, wenn die KI ein entsprechendes Signal liefert. Wie stark wirkt sich die KI dann am Ende auf die Performance aus, wenn man den Entscheidungen folgt? Bodenhofer: Dazu gibt es bereits entspre- chende Auswertungen: In sieben von zehn Sektoren haben wir einen Signalvorteil herausholen können. Im Finanzsektor gab es keine Signale. Im Schnitt haben wir jedoch einen Signalvorteil, der je nach Strategie unterschiedlich ausfällt. Die KI ist für uns auch nicht der Heilige Gral, aber sie hilft uns, vielleicht ein bisschen besser zu sein als der Mitbewerb. Und welche technische Basis nutzt man? Selbst programmierte KI-Anwendungen – oder kann man hier KI-Systeme wie ChatGPT verwenden? Bodenhofer: Nein, es ist alles auf Python- Basis selbst programmiert, kein ChatGPT. Alles läuft bei uns inhouse abgesichert. Auf die Fragen, die wir uns stellen, würde man von ChatGPT auch keine vernünftige Ant- wort bekommen. ChatGPT ist nicht in der Lage, alle Kennzahlen der beteiligten Un- ternehmen und die ganzen Makrodaten auf einmal einzubeziehen. Und das gesam- te nanzielle Wissen ist auch in ChatGPT nicht drin.Wir haben natürlich schon ver- sucht, mit ChatGPT zu arbeiten, aber es hat sich gezeigt, dass das nicht funktioniert. Wir müssen sehr viele Zeitserien parallel analysieren und versuchen, daraus Muster für positive oder negative Entwicklungen zu extrahieren. Es ist ein klassischer Ma- chine-Learning-Ansatz und auf jeden Fall nicht das Verwenden irgendwelcher Foun- dation Models à la ChatGPT. Aktuell nutzen Sie die KI nur im Aktien- bereich. Gibt es Pläne, den Einsatzbereich auf andere Assetklassen auszuweiten? Striegl: Wir haben jetzt ein Projekt im An- leihenbereich gestartet, für Details ist es je- doch noch zu früh. Zusätzlich haben wir vor eineinhalb Jahren ein Projekt gestartet, wo es um die Steuerung von Value- und Growth-Stilen geht.Und das wird dann für die Kollegen imDachfondsbereich interes- sant.Die steuern diese beiden Stile in ihren Produkten, und da haben wir bereits sehr gute Ergebnisse. Die Implementierungs- phase hat schon begonnen. Wir nutzen Makro-, Unternehmens-, Sektor- und Asset- klassendaten. Und die KI sagt uns dann, mit welcher Wahrscheinlichkeit Value- oder Growth-Aktien outperformen werden. Das gleichen wir mit der menschlichen Ein- schätzung ab. Wenn die beiden überein- stimmen, dann setzen wir den Schwer- punkt auf Value- oder Growth-Aktien. Danke für das Gespräch. GEORG PANKL FP KURZ-VITA: Ulrich Bodenhofer beschäftigt sich seit 25 Jahren intensiv mit den Grundlagen und Anwendungen künstlicher Intelligenz (KI). Nach seinem Studium der Technischen Mathematik und dem Abschluss des Doktorats an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) war er sieben Jahren in der außeruniversitären Forschung am Software Competence Center Hagenberg tätig. 2006 kehrte er an die JKU zurück, wo er seinen Fokus auf KI-Anwendungen in Medizin und Bioinformatik legte. Ab 2018 war er am Aufbau einer KI-Firma beteiligt. Seit September 2020 gibt er als Professor für Artificial Intelli- gence seine Erfahrungen zu KI-Anwendungen an Studie- rende am Campus Hagenberg der FH Oberösterreich weiter, zudem arbeitet er für das Kepler Research Center. » In sieben von zehn Sektoren haben wir einen Signalvorteil herausholen können. « FH-Prof. Ulrich Bodenhofer FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH MARKT & STRATEGIE Prof. Ulrich Bodenhofer + David Striegl | Kepler Fonds KAG 128 fondsprofessionell.at 1/2025

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