FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025
Der Konsum ist trotzdem nicht in Gang gekommen … Genau.Der Konsum ist, wenn man so will, die Konjunkturstütze, aber er kam nur zögerlich in Gang. Er hätte sehr viel stärker anziehen sollen. Wenn wir preisbereinigt pro Kopf gerechnet fünf Prozent mehr ver- fügbares Einkommen haben, dann sollte man auch fünf Prozent mehr Konsum sehen – vor allem wenn die Arbeitslosig- keit zwar steigt, aber nicht dramatisch. Aber es zeigt sich, dass wohl die Psycholo- gie eine wichtige Rolle spielt. Und dieses In ationstrauma ist für die Konsumenten vielleicht doch härter gewesen. Aber auf den In ationsschock waren wir wohl kol- lektiv schlecht vorbereitet. In Spanien oder Italien, wo die In ationserfahrungen noch nicht so lang her waren, drückte die In a- tion nicht so stark auf die Gemütsverfas- sung der ganzen Bevölkerung. Wir haben auch in der Analyse Fehler gemacht, weil wir gedacht haben, dass die hohen Lohn- steigerungen nicht durchsetzbar wären, dass es also nicht möglich ist, die impor- tierte In ation eins zu eins auf die Löhne zu überwälzen. Ich habe mir gedacht, dass zum Beispiel die Abschaffung der kalten Progression den Gewerkschaften einen Vor- wand bieten wird, um gar nicht so stark auf die Tube zu drücken. Das ist alles nicht aufgegangen – wahrscheinlich auch, weil die Tarifpartner nicht klar genug gesehen haben, dass man in einer Zeit, in der Industrie schon mannigfache Probleme hat, durch die Überwälzung importierter In ation auf die Löhne die Wettbewerbs- fähigkeit massiv beschädigt. Inwieweit würde sich eine Lösung des Ukrainekonflikts auf die Energiepreise auswirken? Ich glaube, da sollte man nicht allzu hohe Erwartungen haben. Die Leitungskapazitä- ten sind teilweise zerstört. Die kann man reparieren … Es müsste aber auch das Vertrauen zum Kreml wiederhergestellt werden – auch jenes der Transitländer Polen und Ukraine –, und dafür reicht ein Trump-Putin-Deal nicht aus. Aber die Energiemärkte würde es insgesamt schon beruhigen. Man könn- te dann auch im Ölmarkt damit rechnen, dass Sanktionen zurückgenommen wer- den.Da sehen wir, die funktionieren sowie- so nicht und sind daher auch nicht wirk- lich preistreibend. Wenn es in der Ukraine aber hinreichend Sicherheitsgarantien gäbe, könnte es dort einen Wiederaufbauboom geben, was für die österreichische Bauwirt- schaft hilfreich wäre. Natürlich wäre ein Ende des Krieges absolut wünschenswert. Im aktuellen Regierungsprogramm findet sich auch eine Anpassung der Bankenab- gabe.Welchen Effekt kannman sich davon erwarten? Die Maßnahme bringt eine Milliarde Euro für die Budgetkonsolidierung, und wenn man als Regierung 18 Milliarden nden muss, dann ist eine Milliarde ein wichtiger Anteil. Ich bin allerdings überhaupt kein Freund dieser Abgabe – es gibt keine ver- teidigbare ordnungspolitische Rechtferti- gung dafür, sich eine Branche vorzuknöp- fen, die zufällig einmal Gewinn macht.Das kann kein Prinzip guter Steuerpolitik sein. Es ist halt politisch opportun, und damit würde ich sagen, das ist klassische populis- tische Politik. Die Nebeneffekte kommen vielleicht nicht sofort, aber mit so einer Sonderbesteuerung bestimmter Branchen wie Banken und Energie stellt sich natür- lich die Frage: Wo ist die Grenze, auch im Hinblick auf andere Branchen? Das wirkt jetzt nicht in ationstreibend, aber es drückt insgesamt auf die Glaubwürdigkeit des Standorts. Es schürt die Sorge, dass so etwas auch jederzeit in anderen Branchen pas- sieren kann, etwa in der Pharmabranche. Danke für das Gespräch. GEORG PANKL, GERHARD FÜHRING FP » Das kann kein Prinzip guter Steuerpolitik sein. « Gabriel Felbermayr, WIFO KURZ-VITA: Gabriel Felbermayr ist seit 2021 Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). Von 2010 bis 2019 leitete er das Ifo-Zentrum für internationale Wirtschaft an der Universität München, und von 2019 bis September 2021 führte er das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel). FOTO: © MARKUS BACHER PHOTOGRAPHER MARKT & STRATEGIE Gabriel Felbermayr | WIFO 102 fondsprofessionell.at 1/2025
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