FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2025

nämlich die Aufwertung des US-Dollar. Wenn der Dollar im selben Ausmaß, wie man Zölle erhebt, teurer wird, dann gleicht sich das aus. Aber das war natürlich in ei- nem speziellen Set-up, in dem ein Handels- krieg de facto nur mit China stattgefunden hat. Europa hatte zwar auch Probleme mit Herrn Trump, aber die waren beschränkt auf wenige Güter, und es gab viele Aus- nahmen.Wenn er nun wirklich seine größ- ten Handelspartner mit Zöllen von 20 oder 25 Prozent belegt, müsste der US- Dollar schon massiv aufwerten, um den In ationseffekt auszugleichen. Und für Europa hätte das keine inflations- treibenden Auswirkungen? In Europa wirkt das kurioserweise vermut- lich de ationär. Weil die Sachen, die nicht mehr aus China in die USA oder aus Euro- pa in die USA gelangen, bei uns bleiben würden und bei uns das Angebot vergrö- ßern und damit eher preissenkend wirken. Es sei denn, wir bauen dann auch Zollbar- rieren auf. Ein Handelskrieg mit den USA würde bei uns also eher preisdämpfend wirken. Wenn die Amerikaner dichtma- chen, kann es zu einer Handelsumlenkung kommen, von der Europa auch pro tieren kann. Also wenn die Chinesen, Mexikaner und Kanadier mit den USA im Clinch lie- gen und auch mit Vergeltungsmaßnahmen agieren, dann haben wir plötzlich in diesen Ländern neue Marktchancen, sofern wir nicht selbst von neuen Zöllen betroffen sind. Was würde das etwa für Handelsabkom- men wie jenem zwischen Europa und den Mercosur-Staaten bedeuten? Also ich bin ein großer Fan von Handels- abkommen. Im Koalitionsabkommen steht ja, Österreich ist ein Exportland. Man sagt auch, wir wollen Bürokratieabbau. Aber wenn es dann darum geht, diese Ziele konkret mit einem Handelsabkommen voranzutreiben, dann liest man in dem Abkommen nichts. Wir haben ja einen stehenden Beschluss im Nationalrat gegen die Rati zierung von Mercosur. Wir hät- ten jetzt zwei Investitionsschutzabkommen, die eigentlich ausverhandelt und von 18 EU-Mitgliedsstaaten schon rati ziert sind: ein Abkommen mit Vietnam, ein anderes mit Singapur. Österreich hat es noch nicht rati ziert – auch dazu steht nichts im Regierungsvertrag. Wenn man es wirklich ernst meint mit den Dingen, die im Regie- rungsabkommen stehen, dann müssten diese Handels- und Investitionsabkommen auch rati ziert werden. Woher soll das Wachstum in den nächsten Jahren sonst kommen? Aus heimischer Sicht ist die Wettbewerbs- fähigkeit des österreichischen Industrie- standorts wesentlich. Wo müsste die Regierung aus Ihrer Sicht hier kurzfristig ansetzen, um diesen wieder in die Gänge zu bringen? Was unmittelbar notwendig wäre, ist eine Senkung der Lohnnebenkosten.Wir haben auch am Wifo nicht früh genug erkannt, dass der In ationsschock, der importiert war über die Benya-Formel (Anm.: Löhne erhöhen sich um die In ation plus den Wert des mittelfristigen Produktionszu- wachses), nachhaltig zu höheren Löhnen führt.Das hat man zu spät erkannt.Makro- ökonomisch bestand die Hoffnung, dass man zwar durch die höheren Löhne Wett- bewerbsfähigkeit verliert, man damit aber zumindest die Binnenwirtschaft antreibt. Das ist nicht passiert. » Was unmittelbar notwendig wäre, ist eine Senkung der Lohnnebenkosten. « Gabriel Felbermayr, WIFO FOTO: © MARKUS BACHER PHOTOGRAPHER fondsprofessionell.at 1/2025 101

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