FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2024
damit eine Kritik an anderen Marktteilneh- mern verbunden, die eben oft auch dann noch an Unternehmen festhalten, wenn deren Aktienbewertung bereits extrem hoch ist. Das Argument lautet dann oft, dass es sich eben um ein Unternehmen handelt, dem man eine auf Jahre hinaus enorm aussichtsreiche Zukunft zutraut, und deshalb nimmt man deutlich höhere Multiples in Kauf. Das hat ja im Fall eini- ger Unternehmen wie etwa Tesla über ge- wisse Strecken auch mal gut funktioniert. Glow: Dann darf man erwarten, dass Sie früher oder später wieder bei Duolingo einsteigen? Beckers: Das Schöne am Aktienmarkt ist, dass man jederzeit wieder einsteigen kann. Und das haben wir Anfang Mai nach dem von uns erwarteten Kursrücksetzer bei Duolingo bereits wieder getan, weil die Bewertung zwischenzeitlich wieder ein Niveau erreicht hat, das uns angemessen erscheint. Ich bin einfach davon überzeugt, dass ein aktiver und dynamisch umgesetz- ter Strategiestil, verbunden mit einer hohen Bewertungssensitivität, unserem Anlage- konzept an vielen Stellen guttut. Heuser: Wie drückt sich das anhand von Zahlen aus? Beckers: Zum Beispiel im durchschnittli- chen Kurs-Gewinn-Verhältnis unseres Port- folios. Da standen wir jüngst anhand unse- rer von unabhängiger Seite gemessenen Zahlen bei einem Wert von etwa 21 oder 22. Das ist für ein Wachstumstechnologie- portfolio nicht besonders hoch im Ver- gleich zu anderen Anbietern. Natürlich handelt es sich dabei um eine Mittelwert- betrachtung, auf Einzelwertebene kommt es entsprechend zu Abweichungen nach oben oder unten. Glow: Was bedeutet das konkret? Beckers: Anhand unserer beiden größten Positionen wird das sehr anschaulich. Unser derzeit größter Portfoliowert, eine brasilianische Neobank mit Hauptsitz in São Paulo, sollte dieses Jahr – je nachdem ob man den Konsensus oder eigene Be- rechnungen zugrunde legt – ein Gewinn- wachstum zwischen 50 und 100 Prozent erzielen. Nach unserer Erwartung wird da- mit das KGV bei etwa 25 liegen.Nun kann man sagen, dass das schon einer recht hohen Bewertung nahekommt. Der steht aber eben auch ein sehr starkes Wachstum und enorme Profitabilität gegenüber. Heuser: Und Ihre Nummer zwei? Beckers: Das ist die Kaspi Bank, ein an der kasachischen Börse in Almaty gelisteter Finanzwert, der uns im Grunde auf ganz andere Weise überzeugt. Die Aktie dürfte bei aktuellen Kursen das Jahr mit einem enorm niedrigen KGV von unter acht beenden, weist aber ebenfalls eine sehr ho- he Profitabilität auf. Das Unternehmen wird wohl auch im laufenden Jahr wieder ein Gewinnwachstum um die 25 Prozent erzielen. In absoluten Zahlen lag der Gewinn im vergangenen Jahr bei zwei Milliarden US-Dollar, was für ein kleines Land wie Kasachstan ein außergewöhnlich hoher Ertrag ist. Glow: Sie scheuen aber offenbar auch nicht vor den sogenannten Magnificent Seven zurück. Immerhin ist Meta Platforms die drittgrößte Position im Global Internet Leaders 30. Beckers: Warum auch? Natürlich weisen die Werte dieser Gruppe inzwischen enorm hohe Multiples auf. Aber Mark Zuckerberg hat bisher im Prinzip alles richtig gemacht. Einen nach wie vor dynamisch wachsen- den Markt wie Social Media hat er mit Facebook im Endeffekt erfunden. Als er Instagram mit damals elf Mitarbeitern für eine Milliarde gekauft hat, wurde das zwar höchst kritisch hinterfragt, aber auch das macht sich inzwischen mehr als bezahlt. Strategisch smart war auch der Erwerb von Whatsapp, was sich sicher noch gut aus- » Mit Meta Platforms hat Mark Zuckerberg im Grunde alles richtig gemacht. « Jan Beckers, BIT Capital MARKT & STRATEGIE Fondsmanager in Kreuzverhör | Jan Beckers | BIT Capital 56 fondsprofessionell.at 2/2024 FOTO: © TIM FLAVOR KREUZ VERHÖR
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