FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2024
Die Privatheit ist tatsächlich ein Imperativ. Es ist im Gesetzesvorschlag verankert, dass der digitale Euro privater sein soll als beste- hende digitale oder vergleichbare Zah- lungsmittel. Elektronische Zahlungsmittel sind heute in großem Maß nicht privat. Sobald ich mit Karte zahle oder etwas überweise, werden IBAN, Name, Adresse oder sogar die Geolocation weitergegeben. Ich bin als Zahlende sehr leicht identifizier- bar. Beim digitalen Euro gibt es die Ver- pflichtung, die Daten überproportional zu schützen. Natürlich muss sich jeder, der sich eine elektronische Geldbörse besorgt, ausweisen. Bei der Zahlung selbst werden die Daten aber nicht übermittelt und in der Transaktion nicht verspeichert. Der Zahlungsempfänger, die Bank, der Termi- nalhersteller, der Netzwerkprovider oder andere bekommen diese Daten nicht. Wir glauben, das ist eine sehr, sehr große Ver- besserung. Dienstleister können aber eine PremiumWallet anbieten, wo Kunden auf die Privatheit verzichten und dafür zusätz- liche Leistungen bekommen. Verboten ist es jedoch, ein Konto nur anzubieten, wenn jemand auf Privatheit verzichtet. Jeder Dienstleister, der eine Lizenz hat,muss eine kostenlose Basisfunktion zur Verfügung stellen. Es gab einmal Überlegungen, den digitalen Euro programmierbar zu machen. Man könnte so Geld aufbuchen, das nur zweck- gewidmet ausgegeben werden darf, etwa im Rahmen von Sozialleistungen. Da gab es rasch Proteste. Wie sieht es da aus? Da gibt es schon eine klare Entscheidung: Der digitale Euro soll nicht programmier- bar sein. Beim Einsatz des Geldes darf keine Verpflichtung verankert werden.Den digitalen Euro nur für Lebensmittel zu er- lauben oder sonst was, das geht gar nicht. Es ist ein Zahlungsmittel, das Bürger nut- zen können, wofür auch immer sie das möchten. Eine Programmierbarkeit besteht aber beimHändler, damit Smart Payments möglich werden. Der digitale Euro wird Schnittstellen anbieten, wo Banken oder Unternehmen Smart Contracts einbetten können. Damit kann zum Beispiel ein An- bieter von Carsharing erkennen, dass es sich um digitales Geld handelt, und die Dienstleistung dem Kunden Zug um Zug zur Verfügung stellen. Nach aktuellen Überlegungen soll jeder Bürger 3.000 Euro in E-Geld halten dürfen. Reicht das, um ein Zahlungssystem von Bedeutung einzuführen? Man muss zwischen Halte- und Transak- tionsgrenzen unterscheiden. Es ist vorgese- hen, dass der digitale Euro in unbegrenz- tem Ausmaß genutzt werden kann. Das heißt, eine Transaktionsgrenze gibt es de facto nicht. Natürlich muss ab einem ge- wissen Volumen eine Geldwäscheprüfung gemacht werden. Bei Zahlungseingängen gibt es die Wasserfallfunktion, wo Beträge, die über die Haltegrenze hinausgehen, in Giralgeld umgewandelt werden. Auf der anderen Seite fürchten die Banken, dass ihnen Liquidität im Geldschöpfungs- kreislauf fehlt, wenn viele Kunden den vol- len 3.000-Euro-Rahmen ausschöpfen. Da analysieren wir gemeinsam mit den Banken, ab welchen Dimensionen es Li- quiditätsprobleme geben würde. Abhängig davon werden kurz vor Herausgabe die tat- sächlichen Haltelimits festgelegt. Erscheinen die 3.000 Euro noch als realis- tisch, oder zeichnen sich andere Limits ab? Es gibt zwei Sichtweisen: Wir als Zentral- banken sehen aufgrund der Zahlen, dass 3.000 Euro im Durchschnitt für das Ban- kensystem kein Problemwären; auch wenn » Den digitalen Euro nur für Lebensmittel zu erlauben oder sonst was, das geht gar nicht. « Petia Niederländer, Österreichische Nationalbank KURZ-VITA: Petia Niederländer ist Direktorin für Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und Finanzbildung in der OeNB. Die Finanz- und Digitalisierungs- expertin hat etliche Branchenfunktionen inne; sie ist etwa Vorsitzende des nationalen Zahlungsverkehrskomitees. Vor der OeNB war Niederländer unter anderem in Führungsposi- tionen in der Erste Group tätig und dort etwa für Retail & Corporate Operations oder Blockchain zuständig. FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN BANK & FONDS Petia Niederländer | Österreichische Nationalbank 222 fondsprofessionell.at 2/2024
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