FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2024
verstanden. Nach Kuipers Beobachtung verlassen sich Marktteilnehmer hauptsäch- lich auf die SFDR-Kategorisierung nach Artikel 6, 8 und 9, die jedoch nur sehr begrenzt direkte Vergleiche erlaubt. Denn im Kern geht es bei der SFDR-Klassifizie- rung zunächst einmal um ESG-Transpa- renz. Insbesondere Artikel 8 scheint sich bei Anbietern und auch unter institutionel- len Investoren als Standard zu etablieren, obwohl die tatsächlichen Nachhaltigkeits- ansprüche der Fonds teils weit auseinan- dergehen. „Heute haben wir eine Menge Artikel-8-Fonds mit manchmal sehr man- gelhaften und manchmal sehr strengen Nachhaltigkeitsmerkmalen“, sagt Katharina Nickel, Leiterin Sustainable Business bei BNP Paribas in Deutschland. Mängel erkannt Auch die Politik hat das Problem er- kannt: So bemängelte etwa EU-Finanz- marktkommissarin Mairead McGuinness, dass die Eingruppierungen nach Artikel 8 und 9 entgegen ihrer ursprünglichen Ab- sicht faktisch als Label oder zu Marketing- zwecken verwendet werden. Gerade das unterstreiche aber auch den wachsenden Bedarf nach einem gut definierten Kate- gorisierungssystem, so McGuinness. Vor diesem Hintergrund befragte die EU-Kommission Ende 2023 Marktteilneh- mer im Rahmen einer öffentlichen Kon- sultation zu deren Erfahrungen und Präfe- renzen im Zusammenhang mit der Offen- legungsverordnung. Über die Ergebnisse will die Kommission im zweiten Quartal berichten. „Das könnte ein erster Schritt sein hin zu grundlegenden Veränderungen im aktuellen SFDR-Regime“, glaubt Mor- ningstar-Analystin Bioy. Mögliche Überarbeitungen der Verord- nung dürften aber noch auf sich warten lassen. Branchenkenner rechnen frühestens für 2025 mit ersten Reformen. Bis zu deren Umsetzung drohe Marktteilnehmern wei- terhin Unsicherheit in Bezug auf die künf- tigen Anforderungen, warnt Bioy. Gleichbehandlung gefordert Noch sind die Ergebnisse der Konsulta- tion zwar nicht veröffentlicht, doch zahlrei- che Marktteilnehmer sprechen sich für das grundsätzliche Beibehalten der drei Kate- gorien aus, allerdings teils mit untergeord- neten Labels und weiteren Änderungen. So schlägt etwa Triodos IM eine einfache und vergleichbare Bewertung vor, die alle Anleger über die Nachhaltigkeitsbemü- hungen eines Finanzprodukts informiert. Eine weitere Forderung betrifft die Gleichbehandlung aller Fonds: „Alle Fi- nanzprodukte – auch die nicht explizit nachhaltigen – sollten eine Reihe wichti- ger PAI-Indikatoren offenlegen, damit die Anleger die negativen Auswirkungen aller Produkte vergleichen können“, fordert Trio- dos-IM-Chefin Kuiper. Unter dem Kürzel PAI sind negative Nachhaltigkeitsauswir- kungen zu verstehen, etwa CO 2 -Emissio- nen (siehe Kasten unten). Gleiche Transparenzanforderungen für alle Produkte befürwortet auch BNP-Exper- tin Nickel. Sinnvoll sei zudem eine Ver- einfachung der Transparenzanforderungen: „Die Informationen sollten für Endinvesto- ren einfach und klar formuliert sein“,meint » Die EU sollte bei der SFDR-Überarbeitung einen verstärkten Fokus auf Impact und Transformation legen. « Roland Kölsch, FNG-Siegel Buchstabensalat: Diese Kürzel sollten Finanzberater kennen PAI (Principal Adverse Impact): Diese wesentlichen negativen Nachhaltigkeitsauswir- kungen resultieren aus Investitionsentscheidun- gen. Die SFDR-Level-2-Verordnung unterscheidet insgesamt 18 PAIs: 14 davon bei Investments in Unternehmen und je zwei bei Anlagen in staats- nahe Emittenten und Immobilien. CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive): Die EU-Richtlinie regelt die Nachhal- tigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Für Geschäftsjahre beginnend mit 2024 – also erst- mals 2025 – müssen Unternehmen von öffentli- chem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitern über ihre Nachhaltigkeit berichten. Der Kreis berichtspflichtiger Firmen wird jährlich erweitert. PAB (Paris-aligned Benchmark): Diese An- lagebenchmarks verfolgen ein jährliches CO 2 - Senkungsziel von sieben Prozent. Sie stehen mit dem 1,5-Grad-Ziel der Pariser Klimaschutzverein- barung im Einklang und schließen Unternehmen mit hohem Anteil an fossilen Brennstoffen aus. Die CO 2 -Emissionen der PAB müssen mindestens 50 Prozent unter denen des Marktindex liegen. CTB (Climate Transition Benchmark): Diese Anlagebenchmarks verfolgen wie die PAB ein jährliches CO 2 -Senkungsziel von sieben Prozent, sie sind aber weniger streng hinsichtlich des Dekarbonisierungsniveaus und der Ausschlüsse: Die CO 2 -Emissionen der CTB müssen mindestens 30 Prozent unter denen des Marktindex liegen. MARKT & STRATEGIE Nachhaltigkeitsfonds 86 fondsprofessionell.at 1/2024 FOTO: © QNG | FNG
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