FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2024

und Auskunftsrechte mittels „Befehls- und Zwangsgewalt“ durchgesetzt, wozu sie ge- setzlich nicht ermächtigt sei. Der VwGH sah das jedoch anders und bewertete das Behördenvorgehen als recht- mäßig. Das Gericht traf dabei im Wesent- lichen zwei Kernaussagen: zum einen, dass die FMA nicht zum Ausüben von Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt ist, zum anderen, dass die FMA im Anlassfall auch keine solchen Maßnahmen gesetzt hat. Die FMA handelt im Rahmen ihrer Auskunfts- und Informationsrechte dann rechtswidrig, wenn sie diese Rechte mit Zwangsgewalt durchsetzt oder den anwesenden Mitarbei- tern mit dem unmittelbaren Einsatz von physischem Zwang bei Nichtbefolgung droht. Es kommt dabei entscheidend da- rauf an, ob aus dem Blickwinkel der betrof- fenen Mitarbeiter der Eindruck entstehen musste, dass er oder sie mit solchen Kon- sequenzen bei Nichtbefolgung der Behör- denanordnung rechnen musste. Der im Anlassfall erfolgte Hinweis, dass die FMA jederzeit zum Betreten der Revisionsräum- lichkeiten berechtigt sei, konnte diesen Eindruck nach Ansicht des VwGH bei der anwesenden Mitarbeiterin jedoch nicht erwecken. Der VwGH hielt das Vorgehen der FMA daher auch für rechtmäßig. Was bedeutet das nun über den Anlass- fall hinaus? Die FMA ist grundsätzlich berechtigt, auch unangekündigt von ihren gesetzlichen Informations- und Auskunfts- rechten Gebrauch zu machen. Die Mit- arbeiter vor Ort haben die verlangten Informationen auch zu erteilen und den Behördenorganen auf deren Verlangen den Zutritt zu versperrten Räumlichkeiten zu gewähren. Es besteht dabei jedoch eine wesentliche Einschränkung: Aufsichts- behörden sind nicht berechtigt, ihre Aus- kunfts- und Informationsrechte durch die Ausübung oder die Androhung von physi- schem Zwang durchzusetzen. Neben den weitgehend bekannten Aus- kunfts- und Informationsrechten der FMA sieht sich die Finanzbranche seit den letz- ten zwei Jahren mit einem zusätzlichen Risiko für überraschende Behördenkon- trollen konfrontiert. Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine hat die Europäische Union ab Februar 2022 in mittlerweile 13 Sanktionspaketen umfas- sende Wirtschaftssanktionen gegen Russ- land verhängt. Erfasst sind davon vor allem Ein- und Ausfuhrverbote, umfassende Sanktionen gegen den russischen Finanz- sektor sowie Maßnahmen, die sich gegen namentlich genannte Einzelpersonen und Organisationen richten. Sanktionen Die jeweils verhängten Sanktionen wer- den dabei von der EU in einer unmittelbar anwendbaren Verordnung (VO [EU] Nr. 833/2014) festgelegt. Die Kontrollen, ob die Sanktionsmaßnahmen auch eingehalten werden, erfolgen hingegen durch die zu- ständigen nationalen Behörden in den Mit- gliedsstaaten. In Österreich ist für die Kon- trolle von internationalen Finanzsanktionen die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) zuständig. Um ihre Aufgaben dabei erfül- len zu können, stehen auch der OeNB um- fassende Informations- und Auskunftsrech- te gegenüber den betroffenen Unterneh- men zur Verfügung. Auch sie kann daher unangekündigt bei Unternehmen vorstel- lig werden und die Einhaltung der Sank- tionsmaßnahmen kontrollieren. Aber auch hier gelten die vom VwGH aufgestellten Grundsätze: Den Anordnungen der OeNB ist grundsätzlich Folge zu leisten. Zur Aus- übung oder Androhung von physischem Zwang für die Durchsetzung ihrer Infor- mations- und Auskunftsrechte ist aber auch die OeNB nicht berechtigt. Aber Ach- tung: Im Zusammenhang mit den Russ- land-Sanktionen besteht für Unternehmen neben unangekündigten Behördenbesu- chen noch ein weiteres Risiko. Verstöße ge- gen die Sanktionsbestimmungen können auch strafrechtliche Konsequenzen haben. So sieht etwa § 11 Abs. 1 Sanktionengesetz 2011 (SanktG) für Verstöße im Zusam- menhang mit Transaktionen oder Rechts- geschäften über 100.000 Euro Freiheitsstra- fen von bis zu einem Jahr vor. Das Außen- wirtschaftsgesetz 2011 (AußWG 2011) legt im Bereich der Handelsembargos im schlimmsten Fall sogar Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren fest. Sobald die Strafverfol- gungsbehörden (idR die Staatsanwaltschaf- ten) von Sanktionsverstößen Kenntnis er- langen, können diese somit auch strafrecht- liche Ermittlungen gegen die betroffenen Unternehmen einleiten.Die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden reichen dabei deutlich weiter als jene der Verwaltungsbe- hörden und umfassen auch die Anwen- dung von Zwangsmaßnahmen. ImZusam- menhang mit den Russland-Sanktionen ist daher höchste Vorsicht geboten.Die Unter- nehmen müssen durch ihre Compliance- Strukturen sicherstellen, dass sanktionierte Geschäftsvorgänge beziehungsweise sanktio- nierte Personen erkannt und die entspre- chenden Geschäftsabschlüsse verhindert werden können. Dazu ist es erforderlich, dass die Unternehmen die sich ständig än- dernden Sanktionsbestimmungen laufend im Auge behalten und ihre internen Kon- trollsysteme bei Bedarf rasch an die aktu- elle Rechtslage anpassen. Eine wirksame Compliance-Funktion ist daher das Um und Auf zur Verhinderung von Sanktions- verstößen und zur Vermeidung erheblicher (persönlicher) Konsequenzen. Die Autoren: Dr. Raphael Toman LL.M. (NYU) ist Partner, Florian Hieslmayr Rechtsanwaltsanwärter in der auf Finanzmarktrecht spezialisierten Kanzlei BRANDL TALOS Rechtsanwälte GmbH. FP Dr. Raphael Toman, BRANDL TALOS Rechtsanwälte Florian Hieslmayr, BRANDL TALOS Rechtsanwälte fondsprofessionell.at 1/2024 265 FOTO: © BRANDL TALOS, UWE STRASSERFOTO: © BRANDL TALOS, UWE STRASSER

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=