FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2024

im Fachverband (zu denen etwa neben Wertpapierfirmen Kryptowährungsdienst- leister, AIFM oder Crowdinvestinganbieter gehören) habe den Wunsch nach einem Open-Finance-Regime geäußert, so Kern. Vielmehr machen sich diese Branchen be- rechtigte Wettbewerbssorgen. Von den Neuerungen könnten nämlich vor allem Dienstleister außerhalb der klassischen Fi- nanzwirtschaft profitieren – allen voran die großen außereuropäischen Tech-Konzerne, deren ureigenstes Geschäftsmodell ja genau die Datenverwertung ist. Google, Amazon oder Apple sind – mehr als die traditionel- len europäischen Finanzdienstleister – in der Lage, aus Kundeninformationen Geld zumachen. Sie bräuchtenmit einer (einfach zu erlangenden) Konzession als Finanzin- formationsdienstleister nicht einmal eine Niederlassung in der EU, um Daten von EU-Bürgern abzugreifen, während umge- kehrt die hiesigen Unternehmen bei Dritt- marktdaten durch die Finger schauen. Nikola Jelicic, Senior Manager und Fi- nanzexperte bei der Beratungsgesellschaft zeb, sieht hier ebenfalls einen Hauptkritik- punkt: „Man kann sich sicher fragen: Will das der Kunde, und ist das nicht eine Tür, die ich Dienstleistern aus Drittstaaten öff- ne?“, so Jelicic. Er kann die Beanstandungen aus der Finanzindustrie nachvollziehen. Der Open-Finance-Vorschlag lasse viele Fra- gen offen, und es sei zu hoffen, dass die EU-Kommission nicht unter dem Druck der endenden Legislaturperiode (Anfang Juni finden die Europawahlen statt) die FIDA noch verabschiedet.Dann würde das neue Regime schon 2026 gelten. Einige Be- reiche von den umfassenden Regeln auszu- nehmen, sei überlegenswert, pflichtet Jelicic dem Finanzdienstleister-Geschäftsführer Kern bei. Er würde dabei jedoch KMU nicht generell exkludieren.Möglicherweise sei es sinnvoller, einzelne Segmente aus- zunehmen. Also etwa Wertpapierfirmen. „Alles, was sehr nahe an Basisdienstleistun- gen wie Einlagen oder Versicherungen dran ist, würde ich in so einer Regulierung schon drinnen sehen“, so Jelicic und ver- weist in der Debatte auf die Bedürfnisse der Kunden: Die haben bei Finanzdaten in den letzten Jahren nicht allzu viele Verbes- serungen gesehen. „Die europäischen An- bieter könnten die Chance ergreifen, die Kundenschnittstelle wieder besser zu beset- zen“, so der Experte. Ein Beispiel: „Ich hätte es schon gern gehabt, dass man auf der Abbuchung der Versicherungsprämie vom Konto genauere Informationen sieht, wel- che Leistungen dahinterstehen, oder dass ich auf Vertragsinformationen zugreifen kann“, so Jelicic. Dass es von Kundenseite bisher keinen größeren Aufschrei nach besseren Services gegeben hat, steht aus sei- ner Sicht einem proaktiven Tätigwerden nicht entgegen: „Mit oder ohne Regulie- rung: Man muss sicher nicht warten, bis 85 Prozent der Kunden sagen, das brau- chen wir“, so Jelicic zur Kritik, dass die EU ohne großen Kundendruck agiert. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Man muss sicher nicht warten, bis 85 Prozent der Kunden sagen, das brauchen wir. « Nikola Jelicic, zeb Open-Finance-Regulierung | Die FIDA-Pläne auf einen Blick Am 28. Juni 2023 hat die Europäische Kommis- sion ihre Vorschläge für einen Open-Finance- Rahmen vorgelegt, auf Englisch „Framework for Financial Data Access Regulation“ ( FIDA ). Der ge- wünschte Zweck: Kunden sollen einen „sicheren und offenen Zugang“ zu den Daten haben, die Finanzunternehmen von ihnen angelegt haben. Die Vorschläge schließen an die zweite EU-Zah- lungsdiensterichtline (PSD2) an, die im We- sentlichen Banken oder Kartenanbieter betrifft (Open Banking). Im Unterschied dazu erfasst Open Finance „ein breites Spektrum von Finanz- dienstleistungen“, die auch zahlreiche kleinere Unternehmen betreffen. Viele davon sehen sich finanziell und organisatorisch mit der Umsetzung überfordert. Nach einem Papier des Fachverbands der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer (WKO) wären allein in deren Bereich 66 Wert- papierfirmen, 19 Kryptowährungsdienstleister, 22 Alternative Investmentfonds Manager mit Konzes- sion, 6 Zahlungsdienstleister, 3 Crowdinvesting- plattformen und ein 1 E-Geldinstitut direkt betrof- fen (ausgenommen sind etwa WPDLU). Ein Pluspunkt ist: Anders als bei PSD2 sollen jene Firmen, die auf Daten anderer Anbieter zurück- greifen, dafür zahlen müssen. Die FIDA ist Teil eines Pakets, zu dem zwei wei- tere im Juni veröffentlichte Rechtsakte gehören: die dritte Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive, PSD 3) und eine Verord- nung über Zahlungsdienste, die Payment Services Regulation (PSR 1) . In einer Evaluierung stellte die EU-Kommission kürzlich fest, dass die PSD2 zwar die Sicherheit erhöht hat (durch die eingeführte 2-Faktor-Au- thentifizierung). Die Datenöffnung selbst hat jedoch selbst aus Sicht der Kommission zu wenige neue Services nach sich gezogen. STEUER & RECHT Open Finance 262 fondsprofessionell.at 1/2024 FOTO: © MIKE HENNING | ZEB

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