FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2024
und Soziales eine Rolle spielen. Was wir aber generell beim Thema Finanzen sehen können, ist ein Umdenkprozess: Die jun- gen Alten denken weniger familienorien- tiert. Sie wollen ihr Geld für sich selbst nut- zen und seltener für ihre Enkel aufheben. Wenn jemand mit 60 ohne Vorsorge kommt, wie geht man als Berater vor? Felsner: Ist wenig Geld da, muss man hel- fen, die Fixkosten zu senken. Kurzfristig muss Liquidität auf dem Sparkonto da sein. Mittelfristig sind Wertpapiere im Depot gut.Wenn Geld für einen Horizont von über zehn Jahren da ist, etwa aus einer Abfindung, dann ist eine fondsgebundene Lebensversicherung aufgrund der Steuer- vorteile wieder sehr interessant. Ein großes Diskussionsthema in der Ver- sicherungsvermittlung ist die Vergütung durch Anbieterprovisionen, die der EU ein Dorn im Auge ist. Ist eine Zukunft ohne Provisionsberatung denkbar? Nuschele: Denkbar ist alles. Ich glaube aber, dass es überhaupt nicht sinnvoll ist, ein Provisionssystem zu verbieten. Die häufig beschriebenen Fehlanreize sind in der Brei- te des Marktes nicht zu erkennen. Auch die EU-Kommission geht mittlerweile eher den Weg, Provisionsberatung weiter zu er- lauben, aber mehr Transparenz zu fordern. Braucht es mehr Transparenz als jetzt? Ja, definitiv. Es braucht dieses hochprofes- sionelle Herangehen, wo der Berater dem Kunden ganz klar darlegt: „Das ist meine Arbeit wert, und das werde ich verdienen.“ Da gibt’s erheblichen Nachholbedarf. Wie handhabt Standard Life das? Wir machen sehr gute Erfahrungen mit flexiblen Tarifen, wo der Courtagelevel reduziert oder erhöht werden kann, je nach Beratungssituation und Aufwand. Und zwar die Abschlussprovision wie auch die laufenden Vergütungen. Das ist so ähnlich, wie wir es in Großbritannien machen, wo es ein Provisionsverbot gibt. Da vereinba- ren Kunden und Beratende die Vergütung. Bezahlt wird sie aus dem Kapitalanlagepro- dukt. Es muss heißen: „sowohl Courtage als auch Honorar“. Es gibt gleichzeitig viele gute Argumente für Honorarberatung. Lei- der ist es in Österreich noch immer schwer, Honorartarife zu finden. Das ist aber in Deutschland nicht viel besser. Müsste es mehr Honorarberatung geben? Honorarberatung findet zu wenig statt. Gerade bei großen Vermögen, in Situatio- nen,wo ich komplexe Fälle mit Steuer- und Rechtsthemen zu lösen habe, kann sehr gut mit Honoraren gearbeitet werden. Aber es wird in keinem Markt jemand für einen 100-Euro-Sparvertrag 500 oder 700 Euro Honorar zahlen. Und selbst dieser Betrag ist für den Berater nicht kostendeckend. Herr Gatterer, wie kann ich abseits vom Finanziellen so vorsorgen, dass ich meine Pension besonders gut erlebe? Gatterer: Klar ist, ab 30 geht es bergab – so- wohl biologisch als auch kognitiv. Dagegen kann ich etwas tun.Was wir sehen, ist: Leu- te, die sich ihre Situation aus einem Tat- sachenaspekt heraus ansehen – nicht aus einem besonders positiven oder negativen Blickwinkel –, erleben ein positiveres Altern. Sie übersehen einerseits nicht die Risikofaktoren, verfallen aber auch nicht in die Schwarzmalerei und können gut ihre Ressourcen aufgreifen. Junge Leute werden heute älter und gehen später in Pension als frühere Generationen. Das bedeutet auch: Ich sollte bereits als 30-Jähriger an meine Ziele und Bedürfnisse unter Berücksichti- gung meiner aktuellen Situation denken. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP KURZ-VITA: Ronald Felsner ist gewerblicher Vermögensberater, wo er auch auf Honorar- beratung setzt. Felsner ist gleichzeitig als Unternehmens- berater sowie in der Ausbildung von Vermittlern tätig. Seine Finanzkarriere begann er in der Sparkasse Krems. » Ab 30 geht es bergab – sowohl biologisch als auch kognitiv. Dagegen kann ich etwas tun. « Gerald Gatterer, SFU Univ.-Prof. Dr. Gerald Gatterer, Sigmund Freud Privatuniversität Wien (SFU) FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN FONDS & VERSICHERUNG Ronald Felsner | FBP + Christian Nuschele | Standard Life + Gerald Gatterer | SFU Wien 166 fondsprofessionell.at 1/2024
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