FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2024
Still stand am Bau Das Immobiliengeschäft schrumpft infolge der Zinswende erwartungsgemäß. Zu einem Preisverfall kam es durch die Zurückhaltung der Käufer aber noch nicht. D ie zum Frühjahr erwarteten Leitzins- senkungen der Notenbanken fanden nicht statt, und die Immobilienbranche klagt vehement über schlechte Rahmen- bedingungen. Dennoch ist im Markt wie- der etwas Optimismus wahrzunehmen. Das hat primär zwei Gründe: Erstens blieb ein starker Wertverfall der Immobilien – jedenfalls bisher – aus. Und zweitens könn- te die EZB die Leitzinsen vor dem Som- mer zu senken beginnen. Das würde ver- mutlich einen neuen Zyklus und wieder einen massiven Preisauftrieb in den Bal- lungsgebieten bringen. Bis es so weit ist, bleibt die Stimmung gedämpft. Nach außen ist sie besser als im Markt selbst. Denn für viele ist es tatsäch- lich problematisch, dass die Transaktionen zum Erliegen gekommen sind. Auf dem FONDS professionell KONGRESS bestä- tigten mehrere Teilnehmer, dass praktisch kaum Wohnungen verkauft werden, und auch der Absatz von Bauherrenmodellen sei stark zurückgegangen. Das bringt ein- zelne Bauträger und Vertriebsgesellschaften in Bedrängnis. Stabile Preise: je nach Region Aus Konsumentenperspektive begann sich der überhitzte Immobilienmarkt vori- ges Jahr teilweise abzukühlen. Der Wohn- immobilienpreisindex der Oesterreichi- schen Nationalbank zeigt, dass die Immo- bilienpreise insgesamt rückläufig sind, mit einer Ausnahme: Neue Eigentumswohnun- gen verteuerten sich voriges Jahr gegenüber 2022 erneut – österreichweit um vier Pro- zent, in Wien um 2,5 Prozent. Bernhard Hundskarl, Prokurist bei der Vienna Estate Immobilien AG, bestätigt: „Der Leitzins- anstieg der EZB hat den rasanten Anstieg der Immobilienpreise abgeflacht. Dadurch wurde die statistische Überbewertung des Immobilienmarktes eliminiert. Allerdings sind die Wohnungspreise in Wien – insbe- sondere in guten Lagen – nicht verfallen.“ Verschiedene Auswertungen zeigen, dass sich der Immobilienmarkt österreichweit uneinheitlich entwickelt. „Nach dem Höhenflug der vergangenen Jahre kam es bei den Angebotspreisen von Eigentums- wohnungen 2023 zu einem klar ersicht- lichen Umbruch. In mehr als 60 Prozent der analysierten Bezirke in Österreich sind die Angebotspreise pro Quadratmeter ge- genüber 2022 gesunken – teilweise sogar im zweistelligen Bereich“, fasst Judith Kössner,Head of Immobilien bei der Inter- netplattform Willhaben, zusammen. Eine Auswertung von rund 100.000 Wohnungs- anzeigen ergab Preisveränderungen gegen- über 2022 in einer Bandbreite von minus 26,4 bis plus 13,6 Prozent. Das günstigste Angebot lag bei 1.500 Euro beispielsweise in Gmünd und Lilienfeld; am teuersten war naturgemäß die Wiener Innenstadt mit 14.500 Euro. In der Regel unterscheiden sich die auf- gerufenen von den tatsächlich verhandel- ten Preisen. Die Ist-Preise lassen sich in den Grundbüchern ermitteln. Die Verbüche- rung der 2023 unterfertigten Kaufverträge ist zwar noch nicht abgeschlossen, es steht aber nach Informationen des Research- unternehmens Immounited auch hier schon fest, dass sich die Ist-Preise im Ver- gleich der Jahre 2022 und 2023 recht unter- schiedlich entwickelt haben. Der Wohnungsmarkt steht vor zahlreichen Herausforderungen. Die Baukosten steigen, und die Baupreise bleiben hoch. Mangels Finanzierung gehen der Absatz und die Baube- willigungen deutlich zurück. SACHWERTE Immobilienmarkt 150 fondsprofessionell.at 1/2024 FOTO: © PHOTO 5000 | STOCK.ADOBE.COM
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