FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2024

müssen neue Projekte nun zusätzlich die „Klimaaktiv“-Zertifizierung erreichen, da- mit sie überhaupt eine Förderung erhalten. Das bringt aufgrund der höheren Anforde- rungen aber auch Mehrkosten von rund zehn bis 15 Prozent je nach Projekt. ESG-konformes Bauenmacht Wohnen also deutlich teurer? Kurzfristig betrachtet ja, aber langfristig zahlt es sich aus, weil in der Vermietung etwa wegen der geringeren Energiekosten bessere Wettbewerbschancen bestehen. Warummuss denn ökologisch orientiertes Bauen automatisch teurer sein? Es liegt an der Kreativität des Projektent- wicklers und des Architekten, die Maßnah- men zu setzen, mit denen aus dem Kri- terienkatalog für die Zertifizierung die Mindestanforderungen erfüllt werden. Dabei geht es nicht nur um die Verwen- dung von speziellen Materialien, die teurer sind, sondern beispielsweise auch um Klei- nigkeiten wie die Errichtung von Lade- stationen für E-Autos. Bei nachhaltig aus- gerichteten Immobilien lassen sich die höheren Kosten zurzeit nicht verhindern. Aber wo sehen Sie den sozialen Aspekt, also das „S“ in ESG, erfüllt, wenn die ESG- konformen Wohnungen noch sehr viel teurer sind? Ich glaube, dass der Impuls durch Förde- rungen noch stärker werden muss. Da- durch würde die Bereitschaft steigen, zu höheren Kosten nachhaltig zu bauen, wo- von auch die Mieter durch die gedeckelten Mieten profitieren. Worauf sollen Berater und Investoren in den Kalkulationen neuer Projekte achten? Was sind die Knock-out-Kriterien? Eine seriöse Kalkulation zeigt klar auf, ob sich ein Projekt rechnet oder nicht. Dafür sollten realistische Werte und nicht opti- mistische Erwartungen angesetzt werden. Das betrifft die Finanzierung, die Ein- nahmenseite und vor allem die laufenden Bewirtschaftungskosten. Konservative Prognoserechnungen sind im Wettbewerb ein Nachteil, weil die errech- neten Renditen kleiner sind als bei der Konkurrenz. Deshalb gehen alle eher opti- mistisch an die Sache heran … Das sehe ich nicht so. Erstens setzen wir in unseren Projekten vorsichtige Berechnun- gen an, und zweitens erklären wir unseren Investoren transparent die Kalkulationen. Außerdem machen die steuerlichen Rah- menbedingungen wie zum Beispiel die Liebhabereirichtlinien durchaus klare Vor- gaben. Wer in ein Bauherrenmodell inves- tiert, sollte das System für sich als geeignet beurteilt haben. Dass sich das meist – auch mit den Effekten durch Förderungen und Steuervorteilen – sehr gut rechnet, ist eine in sich klare Konsequenz. Wie gehen Ihre Kunden damit um, dass die Renditen bei Ihnen geringer sind als bei der Konkurrenz? Zufrieden sind die Kunden, deren indivi- duelle Erwartungen erfüllt werden, und nicht die, deren Hoffnungen sich in Luft auflösen. Unsere Investoren werden dahin- gehend beraten, dass sie sich bewusst für das System und eine eher konservative Kalkulation zugunsten einer höheren Planungssicherheit und der Stabilität einer soliden Immobilie entscheiden. Vielen Dank für das Gespräch. ALEXANDER ENDLWEBER FP KURZ-VITA: Stefan Koller Stefan Koller, Jahrgang 1978, ist Geschäftsführer der Pericon GmbH in Graz. Das Unternehmen wurde 2014 gegründet. Seine Karriere begann der studierte Betriebswirt als Wirt- schafts- und Vermögensberater. Dabei hat er sich jahrelang intensiv mit der betrieblichen Altersvorsorge beschäftigt. 2007 begann er im Immobiliengeschäft und arbeitete unter anderem als Partner und Prokurist für die Captura Group. » Bei nachhaltig aus- gerichteten Immobilien lassen sich die höheren Kosten zurzeit nicht verhindern. « Stefan Koller, Pericon FOTO: © GÜNTER MENZL fondsprofessionell.at 1/2024 149

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