FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2024

Was änderte diese Situation? Anfang der 2000er-Jahre trat China auf den Plan. Die Industrialisierung der Volksrepu- blik und der Aufstieg zu einer Wirtschafts- macht drehten das Bild bei der Nachfrage komplett um. Es folgte ein gutes Jahrzehnt mit einem sehr ausgeprägten Rohstoff- zyklus, nur kurz unterbrochen durch die Finanzkrise 2008. Doch dann lief der Zyklus heiß. Die Branche hatte mit einem Abflauen der Nachfrage aus China gerech- net. Als Chinas Grundgüterbedarf jedoch weiter stieg, wurde man in den Führungs- etagen übermütig. Die Bergbaufirmen steckten viel Geld in Übernahmen und den Ausbau der Kapazitäten. Sie türmten hohe Schulden auf. Ab 2012 kam dieses zusätzliche Angebot dann auf den Markt, demgegenüber flaute das Nachfragewachs- tum aus China ab. So kam es zu einem Überangebot – und die Preise fielen. Als die Rohstoffpreise sanken, wurden die Schulden zum Problem. Und die Aktienkurse fielen. Genau. Der Branche stand eine Rekapitali- sierung bevor. Die vollzog sich um die Jah- re 2015 und 2016 herum. Die Unterneh- men werden mittlerweile sehr gut geführt. Sie zeigen sich sehr diszipliniert bei den Ausgaben und schütten fantastische Divi- denden an die Aktionäre aus.Die Rohstoff- branche ist in einer sehr guten Verfassung. Die Aussichten erscheinen wieder exzellent – sogar noch besser als beim vorangegan- genen Zyklus. Was ist der Grund für Ihren Optimismus? Der vorige Zyklus drehte sich nur um das Wachstum Chinas. Die Transformation zu erneuerbaren Energien und von einer „braunen“ zu einer „grünen“Wirtschaft ist ein viel breiteres, umfassenderes Phäno- men. Es erfasst Industrie- wie Schwellenlän- der gleichermaßen und wird nicht nur durch eine einzelne Volkswirtschaft getrie- ben. Weltweit steigt damit die Nachfrage nach Rohstoffen. Der anstehende Zyklus dürfte somit weitaus stärker sein als der China-Aufschwung, wenngleich die Ent- wicklung in der Volksrepublik gewiss nach wie vor ein ausschlaggebender Faktor für die Rohstoffmärkte ist. Trotz des Bedarfs an Rohstoffen für den Ausbau erneuerbarer Energien: Bergbau und Minen sind aus Nachhaltigkeitssicht „schmutzige“ Branchen. Wie gehen Sie damit um? Viele Nachhaltigkeitsstrategien beziehen sich sehr auf die Vergangenheit. Die Mana- ger schauen auf die ESG-Daten und ent- scheiden dann, ob sie in ein Unternehmen investieren. Aber ein Teil des Gesamtbildes geht dabei verloren.Meiner Meinung nach muss man erkennen, ob ein Unternehmen im Wandel begriffen ist. Und wenn eine Aktie mit einem Abschlag gehandelt wird, weil die ESG-Daten in der Vergangenheit schwach ausgefallen sind, stellt das eine große Chance für eine Outperformance dar – sofern das Unternehmen auf dem Weg der Besserung ist. Kann ein Bekenntnis von Minenbetreibern zu Nachhaltigkeit wirklich den Aktienkurs beflügeln? Garantien gibt es nie. Die Versorger sind jedoch ein gutes Beispiel. Je mehr sie sich von der fossilen Energieproduktion abge- wendet haben, desto höher stiegen die Bewertungen der Aktien. Ein solcher Wan- del stellt für uns als Investoren eine her- vorragende Gelegenheit dar, die Unterneh- men auf dem Weg zu einem nachhaltige- ren Geschäftsmodell zu begleiten. Man muss statt rückwärts nur eben nach vorn blicken – und die Unternehmen genau beobachten. Wenn in der Vergangenheit etwas Schlechtes passiert ist, heißt das nicht, dass sich auch etwas Schlechtes in der Zukunft ereignen wird. Ausschließen können Sie das aber nicht. Nein, gewiss nicht. Wir prüfen natürlich genau alle Parameter der Nachhaltigkeit. Ist » Es ist unmöglich, nie- mals Fehler zu machen. Es kommt immer zu Überraschungen. « Evy Hambro, Blackrock FOTO: © NIKOLA HAUBNER MARKT & STRATEGIE Evy Hambro | Blackrock 102 fondsprofessionell.at 1/2024

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