FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024

die Kommission: Diese soll künftig „weni- ger Regulierungen und mehr Leitlinien“ ausarbeiten. Außerdem will er, dass bei Regulierungen – anders als bisher – die Kosten- und Folgenabschätzung laufend adaptiert wird. Und Klein- und Mittel- betriebe (KMU) müssten davor geschützt werden, dass Gesetze für Großunterneh- men auf sie durchwirken. KMU seien zu sehr mit Bürokratie belastet, was im globa- len Wettbewerb schlecht sei. Erfreulich für die Finanzvermittler ist, dass auch die österreichische Finanzmarkt- aufsicht (FMA) die EU-Bürokratie teils als zu viel ansieht. „Bei einer Kfz-Haftpflicht, wo Deckungsrahmen ohnehin gesetzlich definiert sind, hat eine überbordende Ver- triebsregelung wenig Sinn“, so Ludwig Pfle- ger, Leiter des Bereichs Business Conduct im Versicherungsbereich. Anstatt die Vorga- ben ständig zu erweitern, könne es sinnvoll sein, gewisse Materien einem „Reset zu un- terziehen und das neu aufzusetzen“, meint er. Auf diese Weise könne man Bewährtes beibehalten und, wo nötig, gezielt nach- schärfen. Indes hält Pfleger die vielkritisier- te Dokumentation prinzipiell für gut: „Das ist kein Selbstzweck. Spätestens in einem Gerichtsverfahren werden Sie froh sein, wenn Sie sauber dokumentiert haben.“ Was die Vereinskonstrukte und Grup- penversicherung betrifft, appellierte er an die Geduld: „Das ist bei der Europäischen Kommission auf der Agenda, dass man da- für eine saubere Regelung findet“, so Pfle- ger. Teils gebe es dazu bereits EuGH-Ent- scheidungen. „In einigen Fällen ist ausjudi- ziert, wann man im Rahmen der Grup- penversicherung welche Wohlverhaltens- pflichten einhalten muss“, so Pfleger. Provisionsdebatte Am schlechten Image des Vertriebssek- tors sei auch die Provisionsdebatte schuld. Da liege es an der Branche,mehr herauszu- arbeiten, dass jemand, der Provision be- zieht, nicht zwangsläufig zumNachteil der Kunden arbeitet. Momentan wird diese Debatte erneut im Zusammenhang mit der EU-Kleinanlegerstrategie (RIS, Retail Investment Strategy) geführt. Die RIS, die bald in die EU-Trilogverhandlungen gehen soll, sieht ein Provisionsverbot für unab- hängige Beratung vor. Versicherungsagen- ten arbeiten im Auftrag von Assekuranzen und sind davon nicht betroffen.Makler, die in der Vergangenheit immer auf ihre Un- abhängigkeit gepocht haben, aber auch Provisionen beziehen, werden das voraus- sichtlich über die Unterscheidung zwischen „ungebunden“ und „unabhängig“ lösen. „Mit einem Provisionsverbot für unab- hängige Beratung können vermutlich alle leben“, so FMA-Mann Pfleger. Wesentlich sei für die Aufsicht, dass der in der RIS ver- ankerte „Value für Money“gewährleistet ist. Da muss bereits bei der Produktentwick- lung der Kundennutzen gegeben sein. „Wenn die Entlohnung über eine Provision in fairer Balance ist, wird das kein Problem sein. Aber das Preis-Leistungs-Verhältnis muss passen“, stellte Pfleger klar. Reinhard Pohn, Vorstand der Generali Österreich, bestätigte, dass das die Produkt- ersteller bereits beschäftigt. „Value for Money und was der Kunde bekommt, ist gruppenweit ein großes Thema. Unsere Produkte müssen objektiv unangreifbar sein,“ so Pohn. Gleichzeitig brauche es den provisionsgestützten Vertrieb. „Der Bedarf nach Versicherungsprodukten entsteht nicht einfach so. Er wird oft erst durch eine gute Beratung nach oben gehoben“, so Pohn. Qualität und Effizienz in der Bera- tung seien künftig nur noch durch passen- de IT-Infrastruktur möglich. Stefan Trojer vom Wirtschaftsministe- rium gab sich angesichts der Aufwandsde- batte nüchtern. „Die Bürokratie kann man auch technisch lösen“, so Trojer. Das Minis- terium sei strikt gegen Goldplating. Aber dass es Regulierungen gebe, habe einen Grund, sagte er, ohne konkreter zu werden. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP Maria Althuber-Griesmayr, VVO: „Es bleiben zu viele Schlupflöcher, die uns weniger wettbewerbs- fähig machen.“ » Mit einem Provisions- verbot für unabhängige Beratung können vermutlich alle leben. « Ludwig Pfleger, FMA Ludwig Pfleger, FMA: „Das ist kein Selbstzweck. Spätestens in einem Gerichtsverfahren werden Sie froh sein, wenn Sie sauber dokumentiert haben.“ STEUER & RECHT Entbürokratisierung 252 fondsprofessionell.at 4/2024 FOTO: © LUDWIG PFLEGER | FMA, KURT PATZAK | VVO

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