FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024

Gelegenheit, Vermittler einzufangen. Wir sollten uns auf eine bessere Weiterbildung konzentrieren“, fordert Grandits. Für den Fachverband, der ebenfalls Kurse anbietet, hatte die Schulungsverpflichtung einen „absolut positiven Effekt“: „Wir haben da- durch viel mehr Kontakt zu den Mitglie- dern gewonnen.“ Kritik an Umgehungen Grundsätzlich sei die IDD positiv, weil sie keine der Vertriebssparten besserstelle. Vom Bankmitarbeiter über den Versiche- rungsagenten- und den -makler bis zum Außenvertrieb seien alle miterfasst. Ärger- lich seien jedoch die Schlupflöcher. Zum Beispiel wenn über Vereinskonstruktionen Gruppenversicherungen abseits üblicher Beratungspflichten abgeschlossen werden. Gemacht wird das mit der Argumentation, es würden keine Provisionen fließen, son- dern nur „Mitgliedsbeiträge“.Diese Vermitt- ler umgehen vieles, was die gewerblichen Kollegen erfüllen müssen, von der Befähi- gungsprüfung über die Weiterbildung bis zur Dokumentation. „Auch viele Tipp- geber machen in Wirklichkeit, was sie wol- len“, spricht Grandits eine weitere Grau- zone an. Tippgeber dürfen der Rechtslage nach Kontaktdaten weiterleiten, aber nicht beraten und verkaufen. Während man da- von ausgehe, dass sich jene Tippgeber, die häufig in Strukturvertrieben arbeiten,meist daran halten, nehmen es die Einzelkämpfer oft nicht so genau. Das Problem kenne man auch in Deutschland, so Michael Heinz, Präsident des Bundesverbands der Versicherungskauf- leute (BVK). „Es ärgert mich total, dass es großen Vertriebsstrukturen gelingt, unqua- lifizierte Menschen in den Prozess zu brin- gen. Da sitzt einer morgens an der Super- marktkassa und am Abend verkauft er an den Sportverein Versicherungen, dann an die Nachbarschaft und an die Verwandt- schaft. Das ist ein Riesenthema“, so Heinz. Andere Umgehungen hat der deutsche BVK bereits rechtlich bekämpft, etwa die reduzierte Dokumentation beim Online- makler Check24. „Da werden ein paar Häkchen gesetzt, während Sie sich stun- denlang abmühen“, verweist Heinz auf Wettbewerbsnachteile. Er findet, dass durch ein ständiges Nachschärfen von EU-Regeln oft die Falschen draufzahlen: Die Berliner Ombudsstelle behandle nur 250 bis 300 Beschwerden jährlich bei 150.000 bis 160.000 Vermittlern deutschlandweit. „Wir müssen schauen, dass Brüssel nicht immer noch etwas draufsattelt“, so Heinz. Wobei die Lobbyingarbeit in der EU wegen vor- gefasster Meinungen schwer sei. „Sehr viel ist in Brüssel ideologisch geprägt“, bedauert Heinz, dessen freiwilliger BVK rund 40.000 deutsche Versicherungsmakler und -agen- ten vertritt.Da höre man dann von EU-Par- lamentariern, dass sie die Anliegen zwar für gerechtfertigt halten, sich aber aus Partei- räson nicht für Versicherungsvermittler ein- setzen werden. Für die Zukunft des Vertriebs ist die EU die alles entscheidende Maßgröße. Darauf verwies die Juristin Maria Althuber-Gries- mayr, Leiterin Recht und Internationale Angelegenheiten beim Verband der Versi- cherungsunternehmen Österreichs (VVO): „Wir müssen in Brüssel ansetzen“, sagte sie und betonte, dass die Branche künftig noch viel früher achtsam sein müsse. „Die Dinge beginnen oft nicht im Versiche- rungsbereich.Da geht es zuerst umGesetze für Banken. Aber was für Banken gut ist, muss nicht für Versicherungen passen. Die jetzige EU-Finanzkommissarin kommt auch aus dem Bankenbereich“, sagte sie.Ge- meint ist Maria Luís Albuquerque, Nach- folgerin von Mairead McGuinness, die am Provisionsverbot für Finanzvermittler arbei- tete. Zwar sei mittlerweile in Brüssel durch- gedrungen, dass Konsumenten nicht von Provisionsverboten profitieren, so Althu- ber-Griesmayr. „Aber das Provisionsverbot ist ein Thema, das bleibt. Das werden wir immer wieder diskutieren müssen“, sagte die Juristin. Auch sie sieht Verbesserungsbe- darf bei der IDD. „Es bleiben zu viele Schlupflöcher, die uns weniger wettbe- werbsfähig machen“, kritisierte sie. Selbst kleine Märkte wie Österreich kön- nen auf EU-Ebene entscheidenden Einfluss nehmen, betonte Christian Mandl, Leiter der Abteilung Europapolitik in der Wirt- schaftskammer Österreich (WKO). „Wir sind in Brüssel eine von 12.000 Stimmen im Transparenzregister. Das heißt, wir brau- chen Allianzen. Oft sehen wir Themen, die Verbände in anderen Ländern noch nicht bemerkt haben. Wir können da aufmerk- sam machen und uns zusammenschlie- ßen“, so Mandl.Dass EU-Präsidentin Ursula von der Leyen nun einen Bürokratieabbau verordnet hat, begrüßt er. Jedoch sei kaum abzuschätzen, wie viel die Unternehmen real davon haben werden. Zwar will von der Leyen die Berichtspflichten um 25 Pro- zent reduzieren, völlig ungeklärt sei aber, von welcher Basis aus das bemessen wird. Mandl hat deshalb drei Forderungen an » Es ärgert mich, dass es großen Vertriebsstruktu- ren gelingt, unqualifi- zierte Menschen in den Prozess zu bringen. « Michael Heinz, BVK fondsprofessionell.at 4/2024 251 FOTO: © LILIAN SZOKOD | BVK

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