FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024

Schlupfloch -Regulierung Fünf Jahre IDD stimmen Österreichs Versicherungsagenten nicht happy: Produktwerbung statt Weiterbildung, Papierberge für Mickymausversicherungen und Vertriebsschlupflöcher. I n der Erzählung der Regulatoren sorgen Richtlinien und Verordnungen ja stets dafür, dass alles besser wird: die Produkt- standards, der Verbraucherschutz und am Ende das Image ganzer Wirtschaftssekto- ren. Aus der Sicht des Finanzvertriebs hat sich diese Story nur mäßig bewahrheitet. Die Realität für den Vertrieb sieht so aus: Neue Gesetzesmaterien, allen voran die EU- Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD, haben den eigenen bürokratischen Aufwand ver- vielfacht, genauso wie den Papierkram, den man den Kunden zumuten muss. Bitter für die redlichen Berater, die das alles schul- tern: Etliche Marktteilnehmer pfeifen un- behelligt auf die strengen EU-Regeln. Das wirft Wettbewerbsfragen und Reputations- sorgen auf. Das Image von Versicherungs- vermittlern sei trotz der hohen Anstren- gungen der vergangenen Jahre in allen Umfragen schlecht, ärgert sich Horst Gran- dits, Obmann des Fachverbands der Versi- cherungsagenten in der Wirtschaftskam- mer (WKO). Bei einer Expertendiskussion im November machte er seinem Unmut Luft: Nach fünf Jahren IDD könne man sagen: „Es gibt einige Bereiche, mit denen tun wir uns schwer.“ Ungelöste Probleme sind aus Grandits’ Sicht die enormen Do- kumentationspflichten und die Papierber- ge beim Produktabschluss, die am Ende von den Kunden auch nicht gelesen wer- den. „Ich verstehe den Aufwand bei einer kapitalbildenden Lebensversicherung, aber nicht bei einer Anhängerhaftpflicht für 14 Euro“, so Grandits.Nicht zuletzt wegen der angespannten Personalsituation müsse mehr abgegrenzt werden, ob diese Erfor- dernisse wirklich gerechtfertigt sind. Denn die Zahl der Vermittler stagniere, während neben der Bürokratie auch das Vertrags- volumen zulege, etwa aufgrund neuer Pro- dukte. Nach Schätzungen aus den USA dürften Cyberversicherungen in einigen Jahrzehnten zur Topsparte aufsteigen. „Cyber bedeutet irrsinnig viel Arbeit. Es ist nicht mehr zu schaffen. Wir tun uns schwer, neue Leute zu bekommen, gleich- zeitig steigt unser Aufwand“, so Grandits. Weiterbildung Nicht glücklich ist er auch damit, wie sich die Qualität der Weiterbildung unter der IDD entwickelt hat. Das verpflichtende Pensum von 15 Stunden im Jahr war ein zentrales Element der Richtlinie. Allerdings werden die gesetzlichen Standards oft nicht eingehalten: Webinare ohne Wissensüber- prüfung,Massenberieselung über die Kino- leinwand, Tarifschulungen bei der Versiche- rung. „Seien wir uns ehrlich, das ist keine Weiterbildung“, so Grandits. Dass Versiche- rungen Produktschulungen machen, sei an sich nicht verwerflich, dass es jetzt ein IDD- Zertifikat dazu gibt, entspreche aber nicht den Vorgaben. „Das Weiterbildungsange- bot mancher Versicherungen gefällt mir nicht wirklich.Das ist für einige eine billige » Es ist nicht mehr zu schaffen. Wir tun uns schwer, neue Leute zu bekommen. « Horst Grandits, WKO Roman Seeliger (WKO), Stefan Trojer (BMBWK), Horst Grandits (Versicherungsagenten), Michael Heinz (BVK), Ludwig Pfleger (FMA), Christian Mandl (WKO), Maria Althuber-Griesmayr (VVO), Reinhard Pohn (Generali Österreich) STEUER & RECHT Entbürokratisierung 250 fondsprofessionell.at 4/2024 FOTO: © BUNDESGREMIUM DER VERSICHERUNGSAGENTEN | WKO

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