FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024

Pflichten beim KI-Einsatz Das Thema künstliche Intelligenz hat mittlerweile auch Einzug in die Vermögensberatung und -verwaltung gehalten. Aus rechtlicher Sicht gilt es dabei allerdings einiges zu beachten. K aum einModewort hat in der Finanz- branche derzeit so viel Gewicht wie künstliche Intelligenz (KI). Mit dem öf- fentlichkeitswirksamen Durchbruch von Sprachmodellen wie ChatGPT ging ein regelrechtes Raunen durch die Branche. Vereinzelt waren sogar Jubelrufe zu verneh- men. So beschreibt Jamie Dimon, CEO von J.P.Morgan, die Entwicklung imAktio- närsbrief vom 8. April 2024 als bahnbre- chend: „Wir sind fest davon überzeugt, dass die Folgen außerordentlich sein werden und möglicherweise ebenso umwälzend sein werden wie einige der wichtigsten technologischen Erfindungen der letzten hundert Jahre.“Auch die heimische Finanz- branche teilt diese Einschätzung. Laut einer aktuellen Marktstudie des IT-Dienstleisters Tietoevry Austria erwarten mehr als drei Viertel der Entscheidungsträger eher starke oder sogar grundlegende Veränderungen durch KI. Neben Datenanalyse, Finanz- prognosen und Betrugserkennung soll ein zentraler Anwendungsbereich der neuen Technologie der Anlagevertrieb und die Vermögensverwaltung sein. Doch was ist beim Einsatz von KI-Tools aus rechtlicher Sicht zu beachten, und wie können Haf- tungsfälle vermieden werden? Verhaltenspflichten nach Mifid II Dienstleister haben beim Erbringen von Wertpapierdienstleistungen – wie der Anla- geberatung und der Portfolioverwaltung – die strengen Anforderungen von Mifid II einzuhalten. Das Stichwort lautet: Wohlver- haltenspflichten. Dienstleister müssen stets im besten Kundeninteresse handeln und anleger- und objektgerecht beraten. Dafür sind unter anderem die persönlichen Um- stände der Anleger wie deren finanzielle Si- tuation, Risikobereitschaft, Kenntnisse und Erfahrungen mit Finanzprodukten, Anla- geziele und neuerdings auch Nachhaltig- keitspräferenzen zu erheben. Zudemmuss der Berater auch das Anlageprodukt selbst genau erläutern und über die Funktions- weise, Chancen, Risiken, Kosten und sons- tige wesentliche Merkmale des Produkts umfassend und verständlich informieren. Diese Punkte sind umfassend bekannt und bedürfen keiner weiteren Erläuterung.Neu und bislang weitgehend unerforscht ist, ob und wie diese Grundsätze beim Einsatz von KI-Tools eingehalten werden sollen. Stellungnahme ESMA Unlängst hat die ESMA eine erste Stel- lungnahme veröffentlicht, um Anlagebe- rater und Vermögensverwalter über die wichtigsten Aspekte beim Einsatz von KI zu informieren. Gleich zu Beginn wird be- tont, dass die Bestimmungen von Mifid II durch den Einsatz von KI nicht umgangen werden können. Das ist auch nach österrei- chischem Recht so.Wie ein Mitarbeiter ist die Maschine dem Dienstleister haftungs- rechtlich zuzurechnen. Ob der Beratungs- fehler von einem Menschen oder einer Maschine verursacht wird, ist daher uner- heblich.Der Dienstleister haftet.Die ESMA beschäftigt sich jedoch nicht nur damit, „ob“KI bei der Beratung eingesetzt werden darf, sondern auch „wie“. Dabei zeigt sich: Transparenz steht im Vordergrund. Um die Einhaltung von Mifid II bei der Nutzung von KI sicherzustellen, müssen Banken und Wertpapierdienstleister ihre Der Einsatz von künstlicher Intelli- genz (KI) wird auch im Anlagevertrieb und in der Vermögensverwaltung einiges verändern. Dabei gilt es allerdings schon heute einige Spielregeln zu beachten. STEUER & RECHT Künstliche Intelligenz 248 fondsprofessionell.at 4/2024 FOTO: © TETIANA | STOCK.ADOBE.COM

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